Unterwegs mit unserem Elektroschrott: Von Hamburg nach Ghana

Seite 2: Im Hafen Tema in Ghana

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Einer der wichtigsten Importeure alter Elektronik ist Ghana. Etwa 7800 Kilometer legen die Schiffe von Hamburg zum Hafen Tema zurück. Von dort ist es eine halbe Fahrstunde zur Hauptstadt Accra.

Ein Kran hievt die Container von Schiffen auf Lastwagen. Die LKW rollen an Lagerhallen vorbei zu einem der Terminals. Hier wird der Inhalt inspiziert. 50 bis 100 Stück am Tag, rund 30 Minuten pro Container, erläutert Peter Bopam. Der Ghanaer in blauer Uniform hat im Jubilee Terminal das Sagen.
Die schwüle Tropenhitze ist erdrückend. "Wir versuchen, so viele Container wie möglich zu prüfen", sagt Fred Yankey von der Steuerbehörde. Doch es gebe zu wenig Kapazitäten.

Und was passiert, wenn kaputte Elektrogeräte ankommen? Ghana hat wie viele andere Staaten die Baseler Konvention ratifiziert, die den Export von Elektroschrott in Entwicklungsländer verbietet.

Schulterzucken. Er prüfe nicht, ob etwas funktioniere, sagt Fred Yankey. Von dem deutschen Funktionsnachweis habe er noch nie gehört. "Die meisten Gegenstände, die reinkommen, funktionieren nicht", sagt er leichthin.

"Natürlich darf Elektroschrott eigentlich nicht importiert werden", erläutert Markus Spitzbart. Er ist für die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, kurz GIZ, in Ghana. Diese entwickelt mit der Regierung in Accra Pläne, wie Elektromüll besser weiterverarbeitet werden kann.

Mit den alten Geräten aus Europa verdient Tony Obour seit fast 30 Jahren sein Geld. Obours Werkstatt liegt im Stadtviertel Abeka, etwa 50 Kilometer vom Hafen Tema entfernt. Der 51-Jährige repariert gebrauchte Fernseher. Der einzige Raum ist vollgestellt mit Regalen, in denen eingestaubte Ersatzteile liegen. Platz zum Arbeiten hat er nur vor dem Haus.

Die Geräte kaufe er von Importeuren, die ihre Ware neben dem Hafen anböten, erzählt Obour. Ob sie laufen oder nicht, findet er erst in seiner Werkstatt heraus. "Wir testen sie vorher nicht. So sind sie billiger", sagt er. Von 20 Fernsehern seien etwa acht kaputt. Er versuche, so viele wie möglich zu reparieren. Dann verkauft er sie über einen Händler.

Sie stehen später im Wohnzimmer einer ghanaischen Familie oder hängen an der Wand eines Straßencafés. Aus den völlig kaputten TV-Geräten baut Tony Obour alles aus, was er als Ersatzteile nutzen kann. Was nach dem Ausschlachten übrig ist, hat für ihn keinen Wert mehr.

Für andere schon. Die Überreste gibt Obour an Schrottsammler. In ganz Accra sind sie zu sehen. Junge Männer, meist zwei, schieben Holzkarren vor sich her. Die Sammler gehen von Laden zu Laden, von Haus zu Haus, und holen kaputte Elektrogeräte ab.

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Fast alles, was Metall enthält, können sie gebrauchen. Damit ziehen die Sammler weiter in ein Gebiet westlich der Innenstadt von Accra. Rund 17 Kilometer sind es von Obours Werkstatt dorthin.

Agbogbloshie – so heißt dieses Stadtviertel. Es erstreckt sich entlang eines Flusses, dessen verdrecktes Wasser in eine Lagune und dann in den Golf von Guinea fließt. Agbogbloshie sieht aus wie der Friedhof unser elektronischen Welt.

Die Wege schlängeln sich an Alt-Motoren und Autokarosserien vorbei. Die Erde ist schwarz, wie am Fuße eines Vulkans. Fahrzeuggetriebe liegen herum, daneben türmen sich Berge von Plastikrahmen alter TV-Geräte. Aluminium aus Klimaanlagen ist sorgsam aufgestapelt. Unter einfachen Wellblechdächern werkeln junge Männer.

Agbogbloshie ist weltweit nicht als Stadtteil bekannt, sondern als Müllkippe. Hier landet Elektroschrott aus Ghana, Westafrika und der Welt. Hier trotzen Menschen dem Abfall verwertbare Reste ab und verdienen so ein klein wenig Geld.

In Ghana existiert fast keine reguläre Recyclingindustrie. "Wir kaufen die Sachen von den Leuten mit den Karren", sagt Lubman Idris. Der 30-Jährige hat eine Mini-Werkstatt am Ufer des Flusses. Er und seine Freunde sitzen vor der Hütte und zerlegen Geräte. Idris öffnet ein Plastikgehäuse. Zum Vorschein kommt eine Kupferspule. Die braucht er.

Seit zwölf Jahren arbeitet Lubman Idris als Recycler. Er trägt ein weißes Trikot des FC Bayern. "Ich bin ein Fan von Bayern und Chelsea", sagt er und grinst. Er kommt aus dem Norden Ghanas. "Dort gibt es keine Arbeit."