Urheberrechtsreform: Was hat das EU-Parlament tatsächlich beschlossen?

Seite 3: Sind Meme, Zitate und Parodien bedroht?

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Durch technologische Entwicklungen sind Dienste entstanden, mit denen die Nutzer "Inhalte in diversen Formen und zu unterschiedlichen Zwecken hochladen oder bereitstellen können, unter anderem zur Veranschaulichung von Gedankengut, zur Äußerung von Kritik oder zwecks Parodie oder Persiflage", haben die Abgeordneten erkannt. Solche Inhalte wie die im Netz beliebten Meme könnten kurze Auszüge aus bereits bestehenden geschützten Werken enthalten, die von den Usern möglicherweise "verändert, neu zusammengestellt oder anderweitig umgestaltet wurden". Da es in diesem Zusammenhang noch Rechtsunsicherheit gebe, soll eine spezifische Ausnahme eingeführt werden, wonach die rechtmäßige Nutzung entsprechender Auszüge "in selbst erstellten Ausdrucksformen" zulässig ist.

Die normale Inanspruchnahme des betroffenen Werks dürfe damit aber nicht behindert werden, schreiben die Parlamentarier. Ferner sollten die "legitimen Interessen des Rechtsinhabers nicht unbillig verletzt werden". Bewertet werden müssten dabei "das Maß der Originalität des jeweiligen Inhalts, die Länge beziehungsweise der Umfang des verwendeten Zitats oder Auszugs, die Professionalität des jeweiligen Inhalts oder das Ausmaß des wirtschaftlichen Schadens". Zudem dürften die Persönlichkeitsrechte der Urheber nicht geschädigt werden. Klar ist, dass Algorithmen von Upload-Filtern solche schwierigen Abwägungen nicht angemessen treffen könnten und bei deren Einsatz so viele legale Inhalte erst einmal aus dem Netz verschwänden.

Weiter verkompliziert wird die Klausel durch eine Änderung der Volksvertreter, wonach sich die erfassten Plattformbetreiber selbst nicht auf die "Ausnahme für Meme" berufen könnten. Die Nutzungserlaubnis soll sich also nur auf die von Usern generierten Inhalte beziehen, nicht auf deren Uploads auf Online-Portale.

"Das immer größer werdende Ungleichgewicht zwischen mächtigen Plattformen und Presseverlagen, bei denen es sich auch um Nachrichtenagenturen handeln kann, hat bereits zu einem bemerkenswerten Rückgang der Vielfalt in der regionalen Medienlandschaft geführt", begründet das Parlament das neue, von ihm auf fünf Jahre angelegte Leistungsschutzrecht. Wenn Verlage als Inhaber der Rechte an Presseveröffentlichungen nicht anerkannt würden, gestalte sich die Lizenzvergabe und Durchsetzung ihrer Ansprüche im digitalen Umfeld häufig komplex und ineffizient.

Um die Tragfähigkeit des Verlagswesens zu erhalten, wollen die Abgeordneten so den organisatorischen und finanziellen Beitrag, den Verlage bei der Produktion von Presseveröffentlichungen leisten, würdigen. Nur so könne auch künftig die Verfügbarkeit verlässlicher Informationen garantiert werden. Daher sei es notwendig, dass die Mitgliedstaaten Rechtsschutz für die digitale Nutzung von Pressepublikationen gewährten und einen Anspruch auf "faire und angemessene Vergütung" einführten.

Ein "privater Gebrauch" von Auszügen von Artikeln soll erlaubt werden, wovon werbefinanzierte Blogs aber vermutlich schon nicht mehr erfasst würden. Überdies will das Parlament die reine "Listung in Suchmaschinen nicht als faire und angemessene Vergütung" angesehen wissen. Das Leistungsschutzrecht soll sich nicht "auf das Verknüpfen mit Hyperlinks" beziehen. Reine Verlinkungen sollen erlaubt bleiben, wenn sie nur "einzelne Wörter" mit einschließen. Was die ähnlich gefasste Grenze hierzulande bedeuten könnte, darüber streiten Schiedsstellen, Gerichte, Verleger und Google seit Jahren – bislang ohne Ergebnis. Links auf Artikel, die ganze Überschriften enthalten, dürften voraussichtlich nicht mehr ungefragt im gewerblichen Umfeld gesetzt werden.

"Sachinformationen" in journalistischen Beiträgen sollen außen vorbleiben. Niemand dürfe daran gehindert werden, solche zu vermelden, unterstreichen die Parlamentarier. Autoren sollen einen "angemessenen Anteil an den neuen zusätzlichen Einnahmen erhalten, die Presseverlage auf Basis des Schutzrechts eventuell erhalten. Größter Nutznießer hierzulande dürfte das Medienhaus Axel Springer sein, falls einmal Tantiemen flössen.