Verfälschte Tamrons und ein großes Sony-Update – die Fotonews der Woche 42/2024

In China hat Tamron ein Vertriebsproblem, Sony macht die A7 IV voll fernsteuerbar, und Adobe dreht mit KI einen Aspekt des Videoschnitts um.

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Der Herbst sorgt für tolle Farben, nicht nur beim Laub. Bei diesem Sonnenuntergang im Münchner Olympiapark sollte auch der Komet Tsuchinshan-Atlas zu sehen sein, er versteckt sich jedoch ganz links in der großen Wolke.

(Bild: Nico Ernst)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Nico Ernst
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Produktfälschungen, Grauimporte, vor Termin verfügbare Produkte – die eigenen Lieferketten zu überwachen, ist für kein Unternehmen leicht. Wenn dann auch noch, man kann das nicht anders nennen, organisierte Kriminalität dazu kommt, wird es für das betroffene Unternehmen und seine Kunden so richtig übel. Das ist jetzt bei Tamron in China geschehen. Dort wurden nicht die Objektive selbst gefälscht, sondern nur die Verpackungen. Dabei kamen offenbar auch gebrauchte Optiken als Neuware deklariert in den Handel.

Auf seinem Kanal im chinesischen sozialen Netzwerk Weibo warnt Tamron vor diesen Verfälschungen. Die Kriminellen sollen die Originalverpackungen täuschend echt nachgemacht haben, bis hin zu den Sicherheitssiegeln, und darin dann alle möglichen Objektive angeboten haben. Von Grauimporten bis hin zu gebrauchter Ware samt selbstgemachten Zubehör wie Objektivdeckeln sollen die Verfälschungen gereicht haben. Kurz: Wer in gutem Glauben ein solches Objektiv gekauft hat, konnte vorher nicht wissen, was da in der Schachtel ist.

Solche Aktionen schaden natürlich dem Vertrauen in eine Marke, vor allem, wenn es sich, wie Tamron schreibt, um "mehrere Chargen" handelt. Da haben wohl nicht ein paar Bastler im Keller die Schachteln aus Druckerpapier zusammengeklebt. Professioneller Druck auf Karton und die präzise geschnittenen Siegel brauchen schon eine größere Fälscherwerkstatt. Schützen kann man sich, wie Tamron richtigerweise empfiehlt, nur durch Kauf bei einem auch von dem Unternehmen benannten Fachhändler. Das gilt in China wie im Rest der Welt.

Zudem sollte man in der nächsten Zeit wohl besonders auf verdächtig günstige Objektive von vermeintlich privaten Verkäufern achten. Leider ist dabei auch die Seriennummer, sofern sie denn der Verkäufer rausrückt, kein Schutzmechanismus. Die kann man auf Tamrons Seite für Garantieverlängerung zwar prüfen, aber das sagt ja nur, dass es ein Objektiv mit dieser Seriennummer gibt und dieses bisher nicht registriert wurde. Da organisierte Fälscher oft Zugriff auf Originalware in der Lieferkette haben, können sie dort auch Seriennummern von noch nicht einmal an den Endkunden verkauften Geräten einsammeln.

Um sich Ärger zu ersparen, sollte man vielleicht auch noch ein paar Tage warten, bevor man das aktuelle Firmware-Update auf Version 4.00 für die Sony Alpha 7 IV einspielt. Sony hatte hier schon öfter Probleme, die bis hin zu funktionslosen Kameras ("bricks") führen konnten. Zuletzt war das bei der A7R V der Fall, für die gibt es inzwischen eine korrigierte Version. Also, vorerst auf eigene Gefahr: Das Update 4.00 für die A7 IV findet sich samt Anleitung auf Sonys Downloadseite.

Reizvoll ist die Aktualisierung vor allem, wenn man Smartphone oder Tablet mit der "Monitor & Control" ab Version 2.1.0 zum Fernsteuern der Kamera nutzen will. Dann lässt sich unter anderem das Livebild der Kamera ansehen und Belichtung und anderes einstellen. Und mit der, dummerweise davon getrennten, "Creators App" ab Version 2.5.0 können Bilder auch direkt nach Aufnahme drahtlos aufs Mobilgerät geschickt werden, um sie dort zu bearbeiten und zu verschicken. Mit der neuen Firmware soll das auch fortgesetzt werden, wenn die Verbindung unterbrochen wurde, dann soll das System die fehlenden Bilder – und nur diese – von selbst nachreichen.

Nachdem sich unsere Kolumne in der letzten Woche kritisch mit Adobes Lizenzpolitik auseinandergesetzt hat, gilt es nun mal wieder zu loben. Denn was Adobe mit seinen KI-Funktionen für die Praxis wirklich macht, ist nicht nur technisch beeindruckend, sondern auch nützlich. Zu sehen ist das jetzt in Betaversionen von Premiere Pro unter dem schlichten Begriff "generativ erweitern". Damit lässt sich über die KI "Firefly" sowohl Bild wie Ton eines Videos verlängern. Falls das zu unspektakulär klingt, empfiehlt sich ein Blick in Adobes Beispielvideo.

Die Funktion kann dazu führen, dass Szenen nicht neu gedreht werden müssen. Ein Schauspieler lief in die falsche Richtung? Der Rhythmus stimmt nicht, hier wäre eine zwei Sekunden längere Einstellung gut? Kein Problem, macht die KI. Erfahrene Editoren, wie die Cutter heute genannt werden wollen, mögen darüber vielleicht noch lächeln, denn auch diese KI hat kein menschliches Gefühl für die Gestaltung eines Films, nur: Die Ergebnisse sind etwa für Vorproduktionen, das Spielen mit Längen und Einstellungen schon brauchbar.

Einen Aspekt, der viel Erfahrung braucht, kann das Videogenerieren gleich ganz umdrehen, nämlich das "Schneiden auf Musik". Wenn die KI dabei nicht ein bekanntes Musikstück verhunzt – das hört man dann doch deutlich –, so gibt nun nicht mehr die Länge der Musik den Bedarf an Video vor, das kann auch umgekehrt sein. Recht überzeugend klappt das bisher mit orchestralen Stücken, also typischen Film-Soundtracks. Und weil Adobe sich seiner professionellen Zielgruppe bewusst ist, betont man gleich, dass die Trainingsdaten für Bild und Ton nicht aus urheberrechtlich geschütztem Material bestanden haben sollen. Folglich ist die Verwendung der Funktion dem Unternehmen zufolge auch für kommerzielle Produktionen unbedenklich.

Als einer der ersten Hersteller wagte sich Nikon vor 14 Jahren an ein spiegelloses Format für Systemkameras. Allein, die Serie "Nikon 1" wurde kein Erfolg und schon 2014, also vor zehn Jahren, leise eingestellt. In Preis und Funktion saßen sie Kameras zwischen den damals noch beliebteren Kompaktkameras und den großen DSLR-Klötzen, obwohl sie technisch führend waren. Dinge wie Phasenwechsel-Messung direkt auf dem Sensor bot zuerst die Nikon 1, heute eine der Bedingungen für die meisten Autofokus-Systeme. Warum das trotzdem nicht half, rollt DPreview schön auf, der Artikel ist unsere Empfehlung für einen Long Read zum Wochenende. Er stammt aus einer Serie zum 25-jährigen Jubiläum der beliebten Kamera-Webseite, welches diese fast nicht erlebt hätte. Und, für diesmal ganz zum Schluss: Die interessanteste Kamera dieser Woche, die nicht nur auf Vlogging ausgelegte Fujifilm X-5M, für unter 1000 Euro im Kit hatten wir schon ausführlich vorgestellt. Kurz darauf kündigte Fuji auch noch zwei neue Objektive an, sodass der APS-C-Markt nun noch einmal spannender wird.

(nie)