Verfassungsgericht: ORF darf Facebook-Foren nutzen

Zum zweiten Mal hatten österreichische Behörden dem ORF die Präsenz auf Facebook verboten. Zum zweiten Mal hat der Verfassungsgerichtshof das Verbot aufgehoben.

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Aufatmen beim Österreichischen Rundfunk (ORF): Die öffentliche-rechtliche Anstalt darf ihre Sender und Sendungen auf Facebook präsentieren. Andere Nutzer dürfen auf diesen Seiten auch Kommentare hinterlassen und diskutieren.

Das hat der österreichische Verfassungsgerichtshof (VfGH) entschieden (B 1035/2013-22 vom 6. März 2014). Eine andere Auslegung des ORF-Gesetzes wäre nicht mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) vereinbar.

VfGH-Vizepräsidentin Brigitte Bierlein (links) und VfGH-Präsident Gerhart Holzinger (rechts)

(Bild: VfGH/Achim Bieniek)

Der Fall hat seine Vorgeschichte: Auf Wunsch der Zeitungsverleger wurden die Tätigkeiten des ORF 2010 per Gesetz eingeschränkt. Dazu gehören unter anderem ein Verbot der damaligen IT-Nachrichtenseite futureZone, eine zahlenmäßige Beschränkung der Meldungen auf Bundesländerwebseiten und ein Verbot der Betätigung in sozialen Medien. Der Verband österreichischer Zeitungen (VÖZ) forderte die Löschung aller ORF-Twitterfeeds und aller Facebook-Seiten mit ORF-Bezug. Die Präsenz des ORF in sozialen Medien schade der österreichischen Online-Branche, weil damit Traffic und somit Werbeerlöse an US-Konzerne umgeleitet würden, meint der VÖZ.

2012 befahl die Regulierungsbehörde KommAustria dem ORF, 38 Facebook-Seiten zu löschen. Außerdem durften Mitarbeiter des ORF auch in ihrer Freizeit keine Postings verfassen, die in Zusammenhang mit ihrer ORF-Tätigkeit standen. Der Bundeskommunikationssenat bestätigte die Entscheidung, doch Mitte 2013 hob der VfGH die entscheidende Passage des ORF-Gesetzes auf. Sie war verfassungswidrig, weil sie das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Meinungsäußerungs- und Rundfunkfreiheit unverhältnismäßig einschränkte.

Damit war die Angelegenheit aber nicht beendet. Im September erließ der Bundeskommunikationssenat einen neuen Bescheid. Diesmal wurden nicht die Facebook-Seiten an sich, sondern die dort vorhandene Kommentiermöglichkeit als rechtswidrig eingestuft. Da sich nicht alle Kommentarfunktionen deaktivieren lassen bedeutete dies erneut ein Verbot der Facebook-Präsenz des ORF.

Diese Rechtsauslegung des Bundeskommunikationssenats stößt beim VfGH auf wenig Verständnis: "Wenn man (…) davon ausginge, dass (das ORF-Gesetz) ein einschlägiges Verbot aufstellen würde und der ORF (…) eine Deaktivierung der Beitrags- und Kommentarfunktion vornehmen müsse, läge ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Meinungsäußerungs- und Rundfunkfreiheit vor", schreiben die Richter in ihrem Erkenntnis, "Paragraph 4f Abs. 2 Z 23 ORF-Gesetz wäre bei einem solchen Verständnis verfassungswidrig."

Gesetze müssen stets verfassungskonform ausgelegt werden. Es darf dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, ein verfassungswidriges Gesetz verabschiedet zu haben. Folgt man aber der Agrumentation des Bundeskommunikationssenats, würde das Gesetz gegen Art 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstoßen. Also war der Bescheid verfassungswidrig und wurde daher vom VfGH aufgehoben. ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz hofft, "dass nun in dieser zentralen Zukunftsfrage Klarheit geschaffen wurde.“

Siehe dazu auch:

(ds)