Verhaltene Hoffnung auf Wachstumsschub beim Breitband-Internet

Derzeit drehen sich die Träume einiger Branchen um schnelle Breitband-Zugänge zum Internet. Doch nur vier Prozent Haushalte in Europa verfügen über einen schnellen Internet-Anschluss.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 44 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Renate Grimming
  • dpa

Die Erwartungen an neue Technologien sind häufig besonders unter den Experten groß. Derzeit drehen sich die Träume einiger Branchen um schnelle Breitband-Zugänge zum Internet: Musik, Video, Bilder, Online-Unterhaltung. Sobald die Daten digital über Hochgeschwindigkeitsnetze verfügbar sind, sollen beim Konsumenten keine Wünsche mehr offen bleiben.

Doch nach einer auf der Multimedia-Messe Milia 2002 in Cannes veröffentlichten Studie von Forrester Research verfügen heute in Europa lediglich rund vier Prozent der Haushalte mit Internet-Anschluss über einen Breitbandzugang. Und das Marktforschungsinstitut Gartner hat in einer kürzlich veröffentlichten Erhebung ermittelt, dass das Interesse in Europa an den schnellen Internet-Zugängen deutlich geringer ist als erhofft.

Bislang hatten sich IT-Unternehmen, Elektronikkonzerne und Inhalteanbieter oft nicht einigen können, wer den ersten Schritt wagen muss. Zudem bremsten technische Schwierigkeiten in der Bereitstellung das Kundeninteresse. Und schließlich prägte vor allem der Streit der Breitband-Anbieter um zu hohe Preise für Flatrate-Zugänge in den vergangenen Monaten den Markt in Deutschland und Europa.

Die Bevölkerung müsse überhaupt erst einmal über die Möglichkeiten des Breitbandzugangs aufgeklärt werden, forderte Bill Goodland, Internet-Direktor des britischen Breitbandanbieters NTL, in einer Expertenrunde auf der Milia. "Viele Menschen in Europa wissen überhaupt nicht, was Breitband ist und welchen Nutzen es bringen kann." Immerhin hätte nach anfänglichen Lieferengpässen mittlerweile jeder Interessent heute die Möglichkeit, einen Turbo-Zugang zu nutzen. "Die Frage ist nur, zu welchem Preis", sagte Goodland.

Doch zahlreiche Unterhaltungselektronik-Konzerne, Hersteller der neuen Generation von Spielekonsolen wie auch Fernsehanstalten bewegen sich derzeit in einer Warteschleife. Sie setzen hohe Erwartungen in die leistungsstarke Übertragungstechnik als Motor für bessere Geschäftsentwicklungen. "Die Zahl der TV-Zuschauer ist rückläufig, das ist Fakt", sagte Emily Nagele Green von Forrester.

Der Fernsehsender RTL plant über sein Internet-Unternehmen RTL Newmedia unterdessen, bereits gesendete Folgen von Fernsehserien aus dem TV-Programm kostenpflichtig auch zum Abruf über breitbandige DSL-Leitungen im Internet anzubieten. Die amerikanische Firma TiVo will in diesem Jahr erneut einen Deutschlandstart ihrer Settop-Box für interaktives Fernsehen wagen. Und Philips will zur Computermesse CeBIT ein Radio präsentieren, das Musik direkt aus dem Internet sendet. Doch alle Pläne hängen von einer zügigen Verbreitung der Breitband-Anschlüsse in der Bevölkerung ab.

Nach den auf der Milia bekannt gegebenen Schätzungen von Forrester Research wird sich Breitband in Europa bis zum Jahr 2006 immerhin in rund zehn Millionen Haushalten befinden. Doch erst neue Formen der Unterhaltung werden der Motor zum Erfolg sein, sind sich die Experten einig. Vor allem von Unterhaltungsangeboten wie etwa den Spielekonsolen wird das Breitband nach Ansicht von Forrester-Analyst Paul Jackson durch Synergie-Effekte über die nächsten drei Jahre profitieren. Sony (Playstation2), Microsoft (Xbox) und Nintendo (GameCube) rüsten ihre Konsolen derweil mit Internet- Zugangsmöglichkeiten für den künftigen Massenmarkt aus. Dann sollen Spieler über das Datennetz weltweit untereinander antreten können. "Wir wissen heute nicht, was die künftige 'Killer-Applikation' sein wird - aber Spiele werden sicher zu den attraktivsten Anwendungen für einen Massenmarkt gehören", sagte Goodland. (Renate Grimming, dpa) / (anw)