Von der Leyen: "Waren sehr zurückhaltend bei der Regulierung von KI"

Bei einer Debatte der Spitzenkandidaten für die Europawahl betonte die Kommissionschefin, sie sei besorgt um die mentale Gesundheit Jugendlicher wegen TikTok.

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Europaflagge im Wind

(Bild: Maxim Studio/Shutterstock.com)

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Die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, hat die neue Verordnung für Systeme mit Künstlicher Intelligenz (KI) gegen Vorwürfe einer Überregulierung in Schutz genommen. "Wir waren sehr zurückhaltend" bei der entsprechenden Rechtsetzung, erklärte die Christdemokratin bei der Eurovisionsdebatte 2024 am Donnerstag im EU-Parlament. Dabei diskutierten die fünf bestätigten Spitzenkandidaten für die Europawahl, die vom 6. bis 9. Juni in den 27 Mitgliedsstaaten stattfindet. Die 65-Jährige hat ihren Hut erneut in den Ring geworfen und tritt dabei für die Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) an. "Wir wollen Wachstum fördern", betonte sie mit Blick auf den AI Act. KI und darauf bauende Firmen sollten sich weiterentwickeln können.

Künstliche Intelligenz "birgt aber auch Gefahren", stellte von der Leyen zugleich klar. Die EU sei daher bestrebt gewesen, die Schlüsseltechnologie "als erster Kontinent zu regulieren". Zuvor hatte ein aus seiner Heimat zugeschalteter bulgarischer Computer-Experte konstatiert, dass Europa an der Spitze weltweit stehe, wenn es um das Einhegen digitaler Techniken gehe. Er wollte von den Kandidaten wissen, ob sie das weiterhin als vorteilhaft oder als Belastung ansähen.

Sie sei aufgeschlossen für Innovation, unterstrich von der Leyen. Es gelte aber, gefährliche Auswüchse etwa von sozialen Medien zu bekämpfen. Die Kommission habe daher TikTok auf Dienstgeräten der eigenen Mitarbeiter verboten und ein Verfahren gegen den chinesischen Anbieter auf Basis des Digital Services Act (DSA) eingeleitet. Die Konservative begründete dies vor allem mit der "potenziellen Schädigung der mentalen Gesundheit von Jugendlichen". Jüngst ließ von der Leyen durchblicken, sie halte ein TikTok-Verbot in der EU für eine Option.

"Technologie betrifft Fortschritt, die Wirtschaft, aber auch soziale Fragen", sagte Nicolas Schmit von den Sozialdemokraten. Die EU hinke hier hinterher, was "höhere Investitionen" und eine Kapitalmarktunion erfordere, nicht jedoch eine Sparpolitik. Ständig neue gesetzliche Vorgaben seien weniger entscheidend als ausreichende Finanzmittel. "Die Welt der Arbeit hat sich grundsätzlich geändert durch Algorithmen", gab der amtierende Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte aber auch zu bedenken. Die Brüsseler Regierungsinstitution habe daher die Plattform-Richtlinie rund um Clickworker auf den Weg gebracht, um die Kontrolle der Arbeitgeber über die Arbeitnehmer einzuschränken. Der Luxemburger versicherte ferner: "Ich bin nicht gegen KI, aber der Mensch muss im Mittelpunkt stehen bleiben."

Die Grüne Terry Reintke forderte mehr Transparenz gegen Deepfakes. Für solche täuschend echt wirkenden, manipulierten Bild-, Audio- oder Videoaufnahmen sollten Plattformbetreiber haftbar gemacht werden können. Entscheidend sei daher eine ambitionierte DSA-Umsetzung. "Wir müssen gegen digitale Monopolunternehmen vorgehen können", verlangte Walter Baier (Linke). Diese machten Riesengewinne, "indem sie einfach unsere Daten abgreifen". Mit dem DSA habe die EU auf diesem Feld "vernünftige Maßnahmen" eingeleitet. Der Wiener will sich aber auch dafür starkmachen, dass Information und Kommunikation "ein soziales Grundrecht" werden.

"Wir müssen die Software Europas verändern", warb Sandro Gozi von der liberalen Renew-Fraktion für Updates, um neue Beitritte durchführen und die Gemeinschaft demokratischer machen zu können. Die EU-Verträge sollten überarbeitet werden, um die Rechtsstaatlichkeit stärker abzusichern. Als Vater und Lehrer zeigte sich der Italiener besorgt, was den Schutz Jugendlicher im Internet angeht. Mit dem DSA habe man aber hier prinzipiell schon gute Arbeit geleistet. Er regte an: "Wir sollten vielleicht eine Volljährigkeit mit 15 Jahren online gewähren." Wichtig sei es zudem, Influencer genau zu kontrollieren. Deren finanzielle Förderung müsse transparent sein.

(mho)