Vor 25 Jahren: Pocket Monsters Rot & Grün legen Grundstein für den Pokémon-Hype

Seite 2: 18 Zeichen pro Bildschirmzeile

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Parallel zur Namensfindung in Europa lief die Lokalisierung der Bildschirmtexte in Nordamerika. Als diese abgeschlossen wurde, konnte das Team auf die englischsprachige Übersetzung und dank japanischer Dolmetscher auch auf den Originaltext zurückgreifen. "Man unterschätzt leicht, was für ein Aufwand das war. Die Bildschirmtexte nahmen über 100 Seiten ein. Auch mussten wir auf den Speicherplatz schauen, da Texte auf Englisch oder Deutsch viel länger ausfallen als in japanischen Schriftzeichen. Aufgrund der begrenzten Game-Boy-Auflösung durfte eine Textzeile höchstens 18 Zeichen lang sein, in manchen Menüs sogar nur vier. Das englische 'use' mussten wir zwangsläufig als 'ben.' übersetzen."

Die Übersetzer mussten wegen der begrenzten Zeichenzahl der Original-Spiele kreativ werden.

(Bild: Nintendo)

Die deutsche Übersetzung von Pokémon Rot und Blau übernahm Fabri selbst, die französische leisteten zwei Kollegen, die spanische und italienische Edition wurden an externe Übersetzer vergeben. Die beiden letzteren Editionen erhielten keine lokalisierten Pokémon-Namen, wodurch sich qualitative Unterschiede zwischen den europäischen Übersetzungen ergaben. Am Anfang wurde noch per Excel-Sheet lokalisiert, was aufgrund abweichender Encodings aber fehleranfällig war. Später konnte das Team direkt mit den Quelldateien arbeiten.

Am 8. Oktober 1999 erschienen die Spiele schließlich in Deutschland, flankiert von einer im Nachmittagsprogramm von RTL II ausgestrahlten Anime-Serie und einem Kinofilm. Schnell eroberten die Taschenmonster die Schulhöfe hierzulande. Daran erinnert sich auch Katharina Stratmann von der rund 80.000 Mitglieder starken Fanpage Bisafans.de: "Ich war zu dieser Zeit noch in der Grundschule. Mein erster Kontakt mit Pokémon war die Serie bei RTL II. Das Anime-Genre wurde dadurch in Deutschland erst so richtig bekannt. Pokémon war natürlich schnell Gespräch in der Klasse und hat sich dann durch Mundpropaganda schnell verbreitet."

Schnell waren die Mitschüler auch mit Game Boy und den Pokémon-Spielen ausgestattet. Tajiris ursprüngliche Idee der Kommunikation scheint Anklang gefunden zu haben: "Der Kontakt zu echten Freunden war natürlich wichtig. Man ist darauf angewiesen, einen Freund mit der jeweils anderen Edition zu haben", sagt Stratmann. An den ersten Spielen schätzt sie besonders, dass diese noch sehr simpel gehalten wurden: "Diese waren noch nicht besonders ausgeschmückt, wie durch Mega-Formen oder besondere Story-Elemente, sondern definierten das bis heute unveränderte Kernkonzept: Kämpfen, sammeln, trainieren, tauschen."

Anlässlich des Jubiläums befragte die Community Bisafans auch ihre Mitglieder, was diese mit der ersten Pokémon Spielgeneration verbinden. Spieler Stefan schreibt: "Ich verbinde mit beiden Editionen sehr viele schöne Stunden meiner Kindheit. Ob mit meinen Geschwistern zu Hause oder mit Linkkabel auf dem Pausenhof." Userin Roxana erinnert sich daran, dass dank Zubehör-Lupe mit eingebauter Lampe (die Game-Boy-Modelle seinerzeit hatten keine Hintergrundbeleuchtung) auch lange Autofahrten nicht langweilig geworden seien. Spieler "Rivale Blau" schreibt: "Rot und Blau hatte damals in meiner Stadt jüngere Menschen zusammen gebracht […], die sich vermutlich sonst nie kennengelernt hätten."

Der Erfolg des milliardenschweren Pokémon-Franchises setzte sich nach den ersten Spielen in sieben weiteren Spielgenerationen fort. Mittlerweile gibt es 898 verschiedene Pokémon. 2016 kam durch das von Niantic entwickelte Pokémon Go noch einmal ein größerer Pokémon-Hype auf. Dass die erste Generation einen besonderen Platz in der Pokémon-Geschichte einnimmt, zeigt sich auch in den Remakes. Keine andere Generation wurde bisher zweimal neu aufgelegt: Pokémon Feuerrot und Blattgrün für den Game Boy Advance erschienen im Jahr 2004 und Pokémon Let’s Go Pikachu und Evoli für die Nintendo Switch im Jahr 2018.

Das Konzept der Hauptspiele hat sich in 25 Jahren nicht wesentlich geändert. Noch immer gibt es sechs Teampokémon mit jeweils vier Attacken. Erst Let’s Go änderte die Spielmechanik zuletzt behutsam ab: Beim Fangen von Pokémon ist – wie bei Pokémon Go – auch das Geschick des Spielers ausschlaggebend. Der Spieler muss dazu mit dem Joy-Con oder Pokéball Plus (ein eigens für diesen Zweck eingeführter Controller in Form eines Pokéballs) zum passenden Zeitpunkt in die richtige Richtung schwingen. Im Handheld-Modus muss der Spieler die Konsole in die richtige Richtung neigen und dann einen Knopf drücken.

Tastenkombinationen und Geklicke waren bei den ersten Spielen der Pokémon-Serie hingegen nur Mystik: Gerüchte, etwa durch Drücken der B-Taste die Chancen beim Fangen von Pokémon zu erhöhen, sind falsch. Und trotzdem dürfte sie jeder kennen, der heute oder vor 25 Jahren versucht hat, doch endlich dieses Mewtu zu schnappen.

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