WTO-Vereinbarung: Patente von Coronaimpfstoffen werden zeitweise ausgesetzt

Die Mitglieder der WTO einigen sich auf eine befristete Aufhebung der Patente für Coronaimpfstoffe. Damit soll vorwiegend armen Ländern geholfen werden.

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(Bild: totojang1977/Shutterstock.com)

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Die Welthandelsorganisation (WTO) einigte sich auf die befristete Aufhebung der von Corona-Impfstoffpatenten. Dadurch soll hauptsächlich ärmeren Ländern die Herstellung eine Impfstoffproduktion gegen das Coronavirus ermöglicht werden. Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) sieht die Entscheidung kritisch, die Aufhebung der Patente würde die Herstellung der Impfstoffe nicht beschleunigen.

Für eine zeitliche Aussetzung der geistigen Eigentumsrechte stimmten die 164 WTO-Mitglieder geschlossen ab – die WTO trifft Entscheidungen nur im Konsens. Eine Entscheidung über die Aussetzung der Patente auf Arzneien und Diagnostika steht Medienberichten zufolge noch aus.

Die Organisation Public Citizen kritisierte auf der zwölften WTO-Ministerkonferenz, dass die EU die lange und von zahlreichen Ländern geforderte Aufhebung der Patentrechte (TRIPS waiver) blockiert habe und "obszönen Unternehmensgewinnen der Rettung von Menschenleben" Vorrang gegeben habe. Im vergangenen Jahr sprachen sich die EU-Mitgliedsstaaten gegen eine rasche Aussetzung des Patentschutzes aus.

Der BPI steht der Entscheidung der WTO kritisch gegenüber: Die Aufhebung der Patentrechte werde den derzeitigen Herausforderungen nicht gerecht, heißt es in einer Stellungnahme. "Die Impfstoffe werden dadurch weltweit nicht schneller verfügbar. Der Schlüssel liegt dagegen in Lizenzen zum massiven Ausbau der Produktionskapazitäten", sagt BPI-Hauptgeschäftsführer Dr. Kai Joachimsen.

Impfstoff-Herstellung sei ein sehr komplexer Prozess und die erforderliche Technologie und Schulungsmöglichkeiten haben demnach nur wenige Unternehmen – sie würden zudem "jahrelange Praxis im Umgang mit der entsprechenden Technologie" erfordern. Eine "Zwangslizenzierung zu anderen Herstellern würde insofern mindestens zwölf Monate dauern". Pharmaunternehmen müssten in Zukunft auch über ausreichend finanzielle Mittel verfügen, um "in risikoreiche Entwicklung hochkomplexer Impfstoffe investieren" zu können.

Der Königsweg ist Joachimsen zufolge die längst praktizierte "Lizenzvergabe und weltweite Ausweitung der Produktion". Dafür würden die Impfstoffhersteller derzeit alles tun, heißt es in der Pressemitteilung.

Nach fünf Tagen Verhandlungen konnten sich die 164 Mitgliedsstaaten der WTO-Ministerkonferenz auf eine Reihe von Abkommen einigen. Die WTO-Chefin, Ngozi Okonjo-Iweala, sprach von einer "beispiellosen Reihe von Ergebnissen" und lobte, dem "Handlungsbedarf unsere Zeit" gerecht geworden zu sein. "Die Ergebnisse zeigen, dass die WTO tatsächlich in der Lage ist, auf die Notlagen unserer Zeit zu reagieren", sagte die WTO-Chefin.

Neben den Patentrechten für Coronaimpfstoffe einigten sich die 164 Mitgliedsstaaten darauf, vorerst keine Zölle im internationalen digitalen Handel zu erheben und sprachen sich gegen Ausfuhrbeschränkungen aus, die Einkäufe des Welternährungsprogramms (WFP) behindern. Einigung gab es auch für mehr Nachhaltigkeit in der Fischerei und gegen schädliche Subventionen – die die Nachhaltigkeit der Fischbestände bedrohen und eine Überfischung fördern.

Ngozi Okonjo-Iweala drängte auf einer Verlängerung der ursprünglich von Sonntag bis Mittwoch geplanten Ministerkonferenz der WTO, damit Einigung bei den Beschlüssen herrscht. Die Konferenz wurde um einen Tag verlängert.

(bme)