Warum US-Ureinwohner Amazon und Microsoft verklagen

Ein Mohawk-Stamm verklagt Amazon und Microsoft wegen Verletzung von Patenten über Multi-CPU-Systeme. Die Mohawks haben das nicht erfunden, sondern sie vermieten ihre Immunitätsrechte als Ureinwohner.

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Richterhammer neben Resonanzblock mit Dollarzeichen

(Bild: gemeinfrei)

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Ein New Yorker Stamm der Mohawk versucht, eine neue Einnahmequelle zu erschließen: Die Vermietung spezieller Immunitätsrechte an zahlungskräftige Patentinhaber. Diese übertragen ihre Patente pro forma an die St. Regis Mohawk und legen noch Millionen oben drauf. Im Gegenzug profitieren sie von den Immunitätsrechten der Ureinwohner: Die Patente sind plötzlich wesentlich schwieriger anfechtbar.

Wappen des St.-Regis-Stamms der Mohawk

Ein solcher Deal des Pharmaunternehmens Allergan war der erste, der in den USA breite Aufmerksamkeit erregt hat. Doch auch andere Patentinhaber, darunter die Firma SRC Labs, bedienen sich des Winkelzugs. SRC Labs glaubt, dass Amazon und Microsoft eine Reihe patentierter SRC-Erfindungen rund um Multi-CPU-Systeme nutzen, ohne eine Lizenz erworben zu haben.

Da die SRC-Patente nun aber offiziell den St. Regis Mohawk gehören, müssen auch diese die Patentklagen einbringen. Wie US-Medien berichten, haben sie das vor einem Bundesbezirksgericht in Virginia getan.

Im Zentrum der Mohawk-Deals steht aber nicht die aktive Durchsetzung von Patentrechten vor Gericht, sondern der Schutz vor bestimmten Patentanfechtungen beim US-Patentamt (USPTO). Dessen Tribunal PTAB (Patent Trial and Appeal Board) hebt nämlich laut eigener Statistik mehr als zehn Prozent der angefochtenen Patentansprüche auf oder schränkt sie zumindest ein.

Doch erheben die meisten Patente mehrere Ansprüche und oft enden Anfechtungen auch mit einem Vergleich, bei dem ein Patentinhaber auf bestimmte Ansprüche verzichtet. Ein Patentanwaltsblog hat ausgerechnet, dass nur vier Prozent aller Patente eine PTAB-Anfechtung völlig unbeschadet überstehen. Das ist entweder ein Hinweis darauf, dass das Patentamt viele fragwürdige Patente erteilt, oder dass das PTAB zu hohe Maßstäbe ansetzt. Aber auch beides ist möglich.

Die meisten PTAB-Verfahren sind so genannte Inter Partes Überprüfungen (IPR), die durch ein 2011 verabschiedetes Gesetz namens America Invents Act eingeführt wurden. Sie sind als günstigere und schnellere Alternative zu aufwändigen Gerichtsprozessen mit Geschworenen gedacht. Bei den IPR-Verfahren stehen sich Patentinhaber und Anfechter gegenüber.

Ihre Casinos bringen weniger ein, als frĂĽher, klagen die Mohawk.

(Bild: gemeinfrei)

Das Ergebnis des Verfahrens ist allerdings nicht präjudiziell. Das heißt, selbst ein Sieg des Patentinhabers hindert einen Dritten nicht daran, den selben Patentanspruch erneut vor dem PTAB anzufechten. Für manche Patentinhaber ist die Verteidigung bestimmter Ansprüche damit zur Sisyphusarbeit geworden.

Bestimmte Patentinhaber sind aber gegenüber den IPR-Entscheidungen des PTAB immun: US-Staaten, deren Universitäten und vielleicht auch 562 Ureinwohner-Stämme. Finanzkräftige Patentinhaber wollen sich also vor IPR-Anfechtungen schützen, indem sie ihre Patente pro Forma an einen solchen Stamm übertragen.

Allergan musste dennoch eine Niederlage hinnehmen: Ein an die St.-Regis-Mohawk übertragenes Patent für Augentropfen wurde zwar nicht vom PTAB, wohl aber von einem US-Bundesgericht für ungültig erklärt. Allergan respektive die St.-Regis-Mohawk werden Berufung einlegen. In einem separaten Dokument übte der Richter heftige Kritik an der "Anmietung" der Ureinwohner-Immunitätsrechte. Außerdem wird im US-Parlament eine Einschränkung dieser Immunitätsrechte erwogen, woran weder die St.-Regis-Mohawk noch Pharma-Lobbyisten Freude haben.

  • So ĂĽbte US-Bundesrichter William C. Bryson heftige Kritik am Immunitätsdeal zwischen Allergan und den St.-Regis-Mohawk (Allergan v. Teva Pharmaceuticals USA, US District Court Eastern Texas, 2:15-cv-1455).

(ds)