Warum nicht angemeldete Elektroauto-Ladestationen zum Problem werden können

Die Elektromobilität hat Fahrt aufgenommen. Viele schätzen das Laden zu Hause. Doch weil etliche das nicht anmelden, drohen schlimmstenfalls Stromausfälle.

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(Bild: husjur02/Shutterstock.com)

Update
Lesezeit: 4 Min.

Mit der Anmeldepflicht für ihre Ladestationen halten es Elektroauto-Besitzer offenbar nicht so genau. Das zeigen beispielhaft Zahlen des regionalen Energieversorgers EWE im Nordwesten Deutschlands sowie in Brandenburg. Wurden bis Ende 2021 von der KfW im Netzgebiet Förderzusagen für 37.000 Ladeeinrichtungen abgegeben, waren bis Ende Juni 2022 gerade einmal insgesamt 14.000 private Ladepunkte registriert – in diese Zahl fließen auch jene Ladevorrichtungen ein, die gar nicht gefördert wurden.

Ladeeinrichtungen bis 11 kW Ladeleistung müssen beim Netzbetreiber angemeldet werden, sind aber genehmigungsfrei. Erst über 11 kW Ladeleistung wird eine Genehmigung des Netzbetreibers benötigt. Die KfW-Förderung der privaten Wallboxen war darauf zugeschnitten: Ladestationen mit 11 kW Ladeleistung, verteilt auf drei Phasen mit jeweils 16 Ampere, konnten ohne Genehmigung des Netzbetreibers installiert werden.

heise online hat dazu Markus Schirmer, Entwickler Energienetze bei EWE Netz, Fragen gestellt.

Die EWE appelliert an ihre Kunden, der Pflicht zur Meldung von Ladestationen nachzukommen. Weshalb ist diese Pflicht wichtig und was droht, wenn zu viele dagegen verstoßen?

Markus Schirmer: Die Stromnetze sind im Niederspannungsnetz bisher hauptsächlich für haushaltstypische Lasten ausgelegt. Durch den Boom an Elektromobilität und Wärmepumpen kommen schnell viele sogenannte signifikante Lasten hinzu. Also Geräte, die viel Leistung beziehen. Das zusätzliche Laden dieser Geräte führt im Stromnetz zu deutlich höheren, teils zeitgleichen Energiebedarfen, insbesondere abends. Mit der Anmeldung ihrer Ladeeinrichtung tragen unsere Kundinnen und Kunden dazu bei, dass wir die Strombedarfe und Lastenschwerpunkte besser erkennen. Dazu sind sie auch gesetzlich verpflichtet (Paragraf 19 Niederspannungsanschlussverordnung). Die Anmeldepflicht gilt auch für mobile Ladeeinrichtungen, die zum Beispiel an eine Starkstrom-Steckdose angeschlossen werden. Den Netzausbau können wir dadurch effizient und kostengünstig planen. Bleiben Veränderungen in den Kundenanlagen unbekannt, drohen im schlimmsten Fall lokal Versorgungsunterbrechungen.

Überblick über den Aufbau der Stromnetze

(Bild: BMWi)

Was ist erforderlich, um die Lademöglichkeit am eigenen Haus zu registrieren? Kostet das etwas?

Die Anmeldung der Ladeeinrichtung erfolgt einfach digital, kostenlos und dauert circa fünf bis zehn Minuten.

Kann es passieren, dass der Netzbetreiber auch Nein zur E-Auto-Ladestation sagt?

Das können wir nach heutigem Kenntnisstand ausschließen. Wir sind Netzbetreiber und eine unserer Aufgaben ist es, Anschlüsse herzustellen.

Was droht bei Verstoß gegen die Anmeldepflicht?

Theoretisch könnten die Anschlussnehmenden vom Netzanschluss getrennt werden. Das ist aber das letzte Mittel der Wahl, wenn der Aufforderung zur Anmeldung nicht nachgekommen wird. Präzedenzfälle sind uns nicht bekannt. Sollte es jedoch zu Störungen im Netz kommen und die Ursache würde auf nicht angemeldete Ladeeinrichtungen zurückzuführen sein, dann könnten die Aufwände für den entstandenen Schaden an die Verursacherin oder den Verursacher weiterberechnet werden.

Kommt es häufig vor, dass die EWE in ihrem Gebiet Stromleitungen ausbauen muss, weil die Zahl der E-Autos zunimmt? Lässt sich das beziffern?

Aufgrund der noch geringen Anzahl an privat genutzten Ladeeinrichtungen und deren Gleichverteilung im Netzgebiet sind die Ausbaumaßnahmen noch überschaubar. Sie liegen etwa bei zehn Prozent aller Maßnahmen.

Wer trägt die Kosten für diesen Ausbau?

Ausbaumaßnahmen im Ortsnetz werden vom Netzbetreiber getragen. Die Kosten des Netzbetriebes werden auf alle Netznutzer umgelegt. Bei notwendigen Verstärkungen des Netzanschlusses sind diese durch den Anschlussnehmenden zu tragen. Bei Ladeeinrichtungen mit sehr hohen Leistungen gibt es anteilige Baukostenzuschüsse.

Gibt es von EWE schon konkrete Umsetzungen von Smart Grids, um die Belastung des Stromnetzes zu steuern? Wie steht es um den Einsatz von Sensorik?

EWE Netz hat in vielen Netzen bereits Messtechnik im Einsatz. Zudem sind in vielen Ortsnetzstationen Transformatoren eingesetzt, mit automatisiertem Stufensteller. Diese regeln die Spannung in der Niederspannungsebene, also für den Strom, der in die Haushalte gelangt. Es ist politisch seit Langem in Diskussion, eine netzdienliche Steuerung von flexiblen Verbrauchseinrichtungen – also Ladeeinrichtungen – gesetzlich zu regeln. Ziel einer netzdienlichen Steuerung ist es, Ladeeinrichtungen möglichst schnell in die Stromnetze zu integrieren und die Netzentgelte der Kunden in der Höhe zu begrenzen.

Update

Im Einstieg des Textes ist uns in einer ersten Version des Artikels ein Fehler bei den Angaben zur Grenze der Genehmigungsfreiheit unterlaufen. Wir haben diese Werte nun korrigiert.

(mki)