Wasserstoffzüge in Hessen: Technische Anfangsprobleme überwunden

Die Wasserstoffzüge, die im Taunus fahren, hatten anfangs diverse technische Probleme. Mittlerweile habe sich die Lage gebessert, sagt der RMV.

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(Bild: RMV / Arne Landwehr)

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Der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) weist erneute Kritik des Fahrgastverbands Pro Bahn an den von ihm in Hessen eingesetzten zurück, die mit Wasserstoff betrieben werden. Mittlerweile würden 16 der insgesamt 27 bei Alstom bestellten Züge im Taunus eingesetzt. Nach anfänglichen technischen Problemen bewährten sie sich nun im täglichen Einsatz, erklärte ein RMV-Sprecher gegenüber heise online.

Anlass für eine Nachfrage beim RMV war der Negativpreis "Hessischer Hemmschuh", den nun der hessische Landesverband von Pro Bahn unter anderem an den hessischen Verkehrsminister Tarek Al-Wazir von den Grünen vergeben hat. Neben anderen verkehrspolitischen Streitpunkten sprach der Fahrgastverband bei der Gelegenheit von einem "völlig misslungenen Start" der Wasserstoffzüge im Taunus. Ende Juni dieses Jahres meinte Pro Bahn, auch durch Probleme bei den Wasserstoffzügen, für die es keinen "Plan B" gegeben habe, sei die Akzeptanz für die Eisenbahn und den ÖPNV insgesamt "um mehrere Jahrzehnte zurückgeworfen" worden.

Die Coronavirus-Pandemie und der Ukraine-Krieg haben nach Darstellung des RMV unvorhersehbar dafür gesorgt, dass Alstom die bestellten Coradia iLint 54 nicht rechtzeitig liefern konnte. Hinzu gekommen seien diverse technische Probleme, die sich erst im laufenden Betrieb abzeichneten, nicht schon in Testfahrten. Doch nicht nur allein technische Probleme bereiteten dem RMV Sorgen, es gebe auch einen chronischen Fahrermangel.

Die bisher gelieferten Wasserstoffzüge werden laut RMV-Sprecher allesamt auf der Bahnlinie 15 zwischen Waldsolms-Brandoberndorf – Bad Homburg eingesetzt. Die Züge, die noch im Laufe dieses Quartals geliefert werden sollen, seien für die Linien 11, 12 und 16 geplant. Der RMV tritt Kritik entgegen, die Wasserstoffzüge seien ungeeignet für das Gebirge. Die Linie 15 sei die längste und "gebirgigste" der insgesamt vier geplanten Strecken für Wasserstoffzüge. Auf dieser Linie habe sich die Technik bewährt.

Weiter tritt der RMV Kritik von Pro Bahn entgegen, der Wasserstoff, mit dem die Züge betrieben werden, sei umweltschädlich. Der Wasserstoff falle in dem Industriepark Hoechst als Nebenprodukt der chemischen Prozesse an, er entstehe dort in einer mit Strom betriebenen Produktionsanlage. Ob der Wasserstoff nun "grau" – also mit Hilfe fossiler Energieträger gewonnen – oder andersfarbig sei, hänge von dem jeweiligen Strommix ab. Insgesamt gebe es momentan für die geplanten Anwendungen in Deutschland ohnehin nicht ausreichend "grünen", also mit erneuerbaren Energien gewonnenen Wasserstoff. Dafür müsse auch erst einmal diese Form der Energiegewinnung ausgebaut werden.

Es sei von Anfang an klar gewesen, dass bei diesem Vorhaben zunächst der dort anfallende "graue" Wasserstoff genutzt wird, da "grüner" Wasserstoff derzeit nicht in ausreichendem Maß zur Verfügung stehe und es zudem noch keine Verteilinfrastruktur dafür gebe, erläutert das hessische Wirtschaftsministerium gegenüber heise online. Diese werde in den kommenden Jahren schrittweise entstehen. "Grauer" Wasserstoff ist deshalb eine notwendige Brückentechnologie, die dazu diene, den Markt für "grünen" Wasserstoff vorzubereiten.

Von den zehn Zügen, die Alstom dem RMV bis Februar 2023 geliefert hatte, funktionierten zu dem Zeitpunkt fünf zuverlässig, hieß es in Medienberichten. Deshalb wurden auf der Linie 15 alte Dieselzüge eingesetzt und für Eventualitäten Busse bereitgehalten. Der RMV sprach seinerzeit von einem "fulminanten Fehlstart".

Der emissionsfreie Zug Coradia iLint von Alstom (7 Bilder)

Der Coradia iLint soll nicht nur keine giftigen Abgase von sich geben, sondern auch leiser als andere Züge sein.

(Bild: Alstom)

Nicht nur deshalb, sondern insgesamt wegen seiner Politik bekam Tarek Al-Wazir den "Hessischen Hemmschuh". Er habe während seiner Amtszeit seit 2014 die mangelhaften Grundstrukturen, an dem der hessische ÖPNV kranke, nicht behoben. Ebenfalls einen "Hemmschuh" bekam Jörg Michael Müller, verkehrspolitischer Sprecher der hessischen CDU-Landtagsfraktion. Er habe durch verschiedenste Redebeiträge deutlich gemacht, "dass er keinerlei Interesse daran hat, dem ÖPNV in Hessen auch nur ansatzweise ein größeres Gewicht zu geben".

Das hessische Wirtschaftsministerium erwiderte, Pro Bahn ignoriere maßgebliche Fakten. Für den Schienenfern- und den Güterverkehr sei laut Grundgesetz der Bund zuständig. Der regionale Schienenverkehr sei nach Landesgesetz Aufgabe der Landkreise, kreisfreien Städte und Sonderstatus-Städte. Das Land Hessen sei in dieser Struktur vor allem Förderer und Unterstützer, und das spiegele sich sehr wohl in den Landeshaushalten wieder.

(anw)