Web-Individualschule: Jugendliche bangen um Abschlussprüfung

An der Bochumer Web-Individualschule lernen vorerkrankte Kinder aus ganz Deutschland – Online, im Einzelunterricht. Nun droht Chaos bei den Abschlussprüfungen.

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(Bild: Stokkete/Shutterstock.com)

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  • dpa
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In der Web-Individualschule – sie gilt als deutschlandweit einzige Internetschule für kranke Kinder – bangen Schülerinnen und Schüler um ihre Abschlussprüfungen. Die Bezirksregierung Arnsberg habe der Schulleitung in Bochum im Dezember kurzfristig mitgeteilt, dass sie aufgrund des hohen personellen und organisatorischen Aufwands nicht mehr Schüler aus allen Bundesländern prüfen können, sagte Schulleiterin Sarah Lichtenberger der Deutschen Presse-Agentur.

In der Individualschule werden Schüler einzeln online unterrichtet, denen wegen psychischer oder körperlicher Erkrankung kein regulärer Schulbesuch möglich ist.

Zuletzt hatte die Schule jedes Jahr rund 100 Jugendliche und junge Erwachsene aus ganz Deutschland zu einem Realschul- oder Hauptschulabschluss geführt. 2021 hatte die Bezirksregierung ihnen die Abschlussprüfungen als "Externenprüfung" abgenommen – und zwar für alle Schüler aus allen Bundesländern. Auch WDR und ZDF berichteten, dass die Bezirksregierung nun erreichen will, dass die Schüler jeweils in den Bundesländern geprüft werden, in denen sie leben. Lichtenberg sagte, man habe die Schüler aber auf den Unterrichts- und Prüfungsstoff für NRW vorbereitet. Die Lehrpläne und Prüfungsfächer fallen in den Bundesländern unterschiedlich aus.

Die Betreuung der psychisch oder körperlich teils erheblich beeinträchtigten Schüler sei auch rund um die Abschlussprüfung aufwendig, schilderte Lichtenberger. Manche benötigten einen Einzelraum, mitunter brauche es Unterstützung durch Psychologen. Aber in den vergangenen Jahren habe das stets gut funktioniert, betonte sie. Die Warteliste für die staatlich nicht anerkannte Schule ist lang. Die Monatsbeiträge werden Lichtenberger zufolge häufig von den Jugendämtern übernommen.

Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) sagte auf dpa-Anfrage, es sei ihr ein wichtiges Anliegen, dass den derzeitigen Web-Schülern auch weiter ein Angebot bereitgestellt werde, damit sie in diesem Jahr ihre Bildungsabschlüsse erreichen könnten. "Das Ziel bleibt, aber der Weg muss nach den bisherigen Erfahrungen neu aufgesetzt werden." Denn: "Eine einzelne Bezirksregierung in Nordrhein-Westfalen ist personell damit überfordert, für alle Bundesländer die Externenprüfungen durchzuführen – mit all den organisatorisch zu beachtenden Aspekten und Nachteilsausgleichen, die den Schülerinnen und Schülern zustehen."

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Nach Angaben des Ministeriums war der Web-Schule für das Prüfungsjahr 2021 per Erlass ermöglicht worden, bei der Anmeldung zur Prüfung vom Wohnortprinzip abzuweichen – auch "Externe" aus anderen Bundesländern konnten in NRW demnach ihre Abschlussprüfung ablegen. Ein Ministeriumssprecher sagte, im Erlass sei aber ausdrücklich vorgesehen, dass eine "organisatorische Machbarkeit" gegeben sein müsse.

"In einem intensiven Verfahren mit allen an den Prüfungen beteiligten Institutionen und Personen wurden Lösungen für die Folgejahre und auch eine Übergangsregelung für das Prüfungsjahr 2022 entwickelt", hieß es in Düsseldorf. In Kürze sei ein Gespräch mit der Web-Schulleitung geplant. Im Februar solle das Thema auch im Schulausschuss des Landtags behandelt werden, sagte Lichtenberger. Eltern forderten in einer Online-Petition, dass die Abschlussprüfungen weiter unabhängig vom Wohnsitz der Schüler erfolgen sollten.

(kbe)