Weg frei für neuen Bundesdatenschutzbeauftragten

Das Bundeskabinett hat sich nach Zugeständnissen der Grünen beim Luftsicherheitsgesetz auf deren Kandidaten Peter Schaar für den Posten des obersten Datenschützers geeinigt.

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Das Bundeskabinett hat in seiner gestrigen Sitzung Peter Schaar als Kandidaten für das Amt des Bundesdatenschutzbeauftragten akzeptiert. Der ehemalige stellvertretende Landesdatenschutzbeauftragte Hamburgs, den die Grünen im Frühjahr offiziell vorgeschlagen hatten, war nicht der Wunschkandidat von Bundesinnenminister Otto Schily, dessen Ressort die oberste Datenschutzbehörde Deutschlands untergeordnet ist. Auch in der SPD-Bundestagsfraktion fanden ihn Abgeordnete wie der medienpolitische Sprecher Jörg Tauss nicht überzeugend.

In der Koalitionsvereinbarung waren die Sozialdemokraten jedoch vor einem Jahr mit ihrem Bündnispartner übereingekommen, dass dieser das Vorschlagsrecht für den Posten des Bundesdatenschutzbeauftragten haben sollte. Die Kür Schaars hat sich wegen der daraus resultierenden internen Debatten inzwischen um ein gutes halbes Jahr verzögert. Nun hat der Diplom-Volkswirt, der sich 2002 mit der Beratungsfirma PrivCom selbstständig gemacht hatte, doch noch den Segen Schilys und seiner Kabinettskollegen erhalten. Die Grünen mussten dafür aber Zugeständnisse beim umstrittenen Luftsicherheitsgesetz machen, dessen Entwurf aus dem Innenministerium die Bundesregierung gestern ebenfalls billigte.

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU, Wolfgang Bosbach, kritisierte diesen Kuhhandel gegenüber heise online mit dem spitzen Kommentar: "Die Zustimmung zur Lizenz zum Töten gegen die Lizenz zum Bundesdatenschutzbeauftragten." Denn gemäß dem Luftsicherheitsgesetz, das in den nächsten Wochen vom Parlament beraten werden soll, könnte die Luftwaffe künftig entführte Flugzeuge in der Hand von Terroristen abschießen. Die Union hält diese Maßnahme für unwirksam im Kampf gegen den Terrorismus -- und die Grünen hatten das Gesetz zunächst selbst als "Lizenz zum Töten" kritisiert.

Schaar ist nach Meinung Bosbachs "nicht geeignet" für das Amt des Bundesdatenschutzbeauftragten. "Wir werden ihn nicht mitwählen", erklärte der Innenpolitiker. Denn Schaar habe auf die dringend anstehenden Fragen des Datenschutzes wie etwa die Auswertung von DNA-Analysen für Strafverfolgungszwecke oder die Aufnahme biometrischer Daten in Identifikationspapiere in einem Fraktionsgespräch "keine präzisen Antworten gegeben". Die Union will so mit der alten Tradition brechen, den Bundesdatenschutzbeauftragten im gesamtparteilichen Konsens zu wählen. Beim bisherigen Amtsinhaber, Joachim Jacob, war es andersherum gewesen: 1993 hatte die schwarz-gelbe Koalition ihren Auserwählten zurückgezogen und den FDP-Mann als Konsenskandidaten präsentiert. Dass die rot-grüne Koalition dieses Mal Schaar trotz der Bedenken durchsetzen will, "wird sein Amt nicht leichter machen", kündigte Bosbach an.

Die Grünen verteidigen dagegen ihre Wahl: Schaar werde der erste Bundesdatenschutzbeauftragte sein, der sich auch mit dem Thema Neue Medien gut auskenne, hieß es in der Fraktion. Der gebürtige Berliner habe seine fachliche Kompetenz gerade im Internetbereich beispielsweise mit der für die Grünen verfassten Studie Cybercrime und Bürgerrechte unter Beweis gestellt, in der er die Ausweitung der Befugnisse von Strafverfolgern im Netz ablehnte. Schaar werde klare Positionen beziehen. Ende August hatte der knapp 50-Jährige etwa davor gewarnt, dass biometrische Daten in Pässen die Grundlage für eine heimliche Überwachung der Bevölkerung darstellen könnten.

Die Wahl Schaars im Parlament könnte bereits nächste Woche stattfinden. Ein genauer Termin steht allerdings noch nicht fest. Im Gegensatz zur CDU/CSU kündigte die FDP an, den grünen Kandidaten zu unterstützen. Auf Jörg van Essen, den parlamentarischen Geschäftsführer der liberalen Fraktion, hatte Schaar vorab bei den bisherigen Gesprächen einen "außerordentlich guten Eindruck gemacht." (Stefan Krempl)/ (anm)