Wegfall von Steuervergünstigungen dämpft ländlichen Rechenzentrums-Boom
In einer ländlichen Gegend des US-Bundesstaats Washington sind gewaltige Rechenzentren entstanden, doch einige Investoren überdenken ihre Pläne.
Das Beispiel des ländlichen Ortes Quincy im nordwestlichen US-Bundesstaat Washington – wo beispielsweise auch Microsoft ansässig ist – zeigt, wie zweischneidig Steuervergünstigungen und Subventionen auf Standortentscheidungen wirken können.
Am Ortsrand von Quincy, auf einem ehemaligen Acker, hat Microsoft in den letzten drei Jahren ein riesiges Rechenzentrum aufgebaut, das eine wichtige Rolle im Cloud-Computing-Konzept "Azure" spielen sollte. Doch wie eine Mitteilung an Azure-Kunden nun klarstellt, wird Microsoft am "USA-Northwest" genannten Standort, zu dem das Rechenzentrum in Quincy gehört, keine Azure-Dienstleistungen mehr anbieten. Diese Dienste werden in die Region "USA-Southwest" verlegt – damit ist ein Rechenzentrum in San Antonio in Texas gemeint.
Hintergrund dieser Änderung von Microsoft ist eine Entscheidung des Attorney General des US-Bundesstaats Washington, Rob McKenna, von Ende 2007: Demnach müssen die Betreiber von Rechenzentren auf die Server und sonstige Anlagen – anders als zuvor gesagt – eine Steuer von 7,9 Prozent zahlen, weil diese Geräte nicht zur gewerblichen Produktion von physischen Gütern genutzt würden. Die Befreiung von dieser Steuer war aber nach den Gesetzen eben nur für solche Produktionsanlagen gedacht.
Wie eine Lokalzeitung bereits im Dezember 2007 berichtete, hatte diese veränderte Interpretation der Steuergesetze dazu geführt, dass etwa auch Yahoo den Bau eines Rechenzentrums in Quincy stoppte. Laut Data Center Knowledge beendete auch Microsoft den ursprünglich mehrstufig konzipierten Ausbau am Standort Quincy.
Das abgelegene Städtchen gilt wegen der Laufwasserkraftwerke im nahe gelegenen Columbia River, der guten Verfügbarkeit von Kühlwasser und der kühlen Witterung als guter Standort für Rechenzentren. Deshalb will etwa auch die Firma Sabey dort ein weiteres, riesiges Rechenzentrum bauen. Angeblich zahlt Microsoft weniger als 2 US-Cent pro Kilowattstunde Strom. Niedrige Energiekosten, hohe Auslastung, modularer Aufbau (wie etwa auch bei in diesem Google-Video über ein aus Containern aufgebautes Rechenzentrum erklärt) und die (teilweise) Kühlung durch das Verdampfen von Wasser sollen die Kosten für Cloud-Computing-Rechenzentren niedrig halten; auch die Zahl der Angestellten ist gering – Apple beispielsweise will in einem milliardenteuren Rechenzentrum lediglich 50 Mitarbeiter beschäftigen. Auch die Apple-Investition wurde mit Steuervergünstigungen angelockt.
Doch die Investitionen scheinen extrem knapp kalkuliert zu sein, sodass bereits die 7,9-prozentige "Steuererhöhung" dazu führt, dass die Betreiber der Rechenzentren ihre Standortentscheidungen revidieren. Dabei ist die Stadt Quincy in nicht unerhebliche Vorleistungen getreten und baut (wiederum unter Einsatz öffentlicher Fördermittel) unter anderem eine spezielle Wasseraufbereitungsanlage, die auch Rechenzentren mit aufbereitetem Abwasser als Kühlwasser versorgen soll.
Auch in Schottland laufen zurzeit Projekte zu Ansiedelung großer Rechenzentren, wobei die problemlose Energie- und Wasserversorgung hervorgehoben wird. (ciw)