Wimax-Forum meldet sich in Barcelona zu Wort

Der Industrieverband spart nicht mit Spitzen gegen 3G-Mobilfunk und den von der GSMA bevorzugten Nachfolger LTE. Zugleich sind Wimax-Erfolgsgeschichten angesichts jüngster Rückschläge für große Projekte dünn gesät.

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Von
  • Sven-Olaf Suhl

Hersteller von Wimax-Ausrüstung beziehungsweise Mitgliedsunternehmen des Wimax Forum sind recht zahlreich vertreten auf dem Mobile World Congress, der mit Blick auf seine Vorläuferveranstaltung 3 GSM und den Veranstalter GSMA durchaus als Höhle des Löwen für den drahtlosen Breitbandfunk gemäß IEEE 802.16 gelten darf.

Vielleicht deshalb fand gerade ein gutes Dutzend Journalisten den Weg zu einer Pressekonferenz des Wimax Forums auf dem MWC, die Ron Resnick, Vorsitzender des Industrieverbandes mit der Bemerkung eröffnete, dass HSPA, der Datenbeschleuniger für vorhandene UMTS-Netze, Wimax nicht das Wasser reichen könne, was die Transferraten angehe. Rund 100 Wimax-zertifizierte Produkte seien an den Ständen der rund 40 Firmen – von Alcatel-Lucent bis ZTE – zu sehen, die auf dem MWC die Werbetrommel rühren.

Eine Erfolgsgeschichte in der noch jungen Wimax-Branche erzählte ein Vertreter des spanischen Anbieters Iberbanda, der vor allem ländliche Gebiete im Königreich mit inzwischen rund 900 Wimax-Basisstationen versorgt, um eine Alternative beziehungsweise einen Ersatz für DSL zu bieten. Zur Kundenzahl machte der Manager indes keine Angaben, und auch die Zahl von 120.000 Koreanern, die per Ende 2007 nach Auskunft eines südkoreanischen Carriers den nahen Wimax-Verwandten namens WiBro nutzten, klingen bezogen auf die Breitbandversorgung Südkoreas insgesamt, die zur Weltspitze zählt, höchstens nach einem Anfang.

Mit Spitzen gegen den von der GSMA zum Mobilfunk der vierten Generation (4G) und UMTS-Nachfolger erkorenen LTE (Long Term Evolution) sparte auch ein Vertreter des US-Carriers Sprint Nextel nicht, der LTE als "late to evolve" buchstabierte, was man mit "Spätentwickler" übersetzen kann. Zugleich ließ der US-Manager durchblicken, das im vergangenen Jahr verkündete Ziel, 100 Millionen US-Bürgern Wimax anbieten zu können, nach unten korrigiert zu haben. Doch will der Carrier bis Ende April dieses Jahres sein Angebot in Baltimore, Chicago und Washington D. C. starten – was einer Verzögerung von fünf Monaten gegenüber dem ursprünglich verkündeten Termin bedeutet. Einiges spricht dafür, dass der Konzern, dessen neue Führung einen strikten Sparkurs eingeschlagen hat, den weiteren Ausbau von Wimax auf Eis legt.

Mit keiner Silbe erwähnt wurde auf der Pressekonferenz des Wimax-Forums, das sich über einen rasanten Mitgliederzuwachs auf aktuell 539 Firmen und Insitutionen freut, weder der erst gestern erfolgte Rückzieher von Telekom Austria, die ihr ersteigertes Wimax-Spetrum zurückgegeben hat, noch das zum Jahreswechsel bekannt gewordene Einfrieren der Wimax-Ambitionen der Swisscom.

Nach diesen Rückschlägen können die Hersteller von Wimax-Infrastruktur und Endgeräten auf einen japanischen Carrier hoffen, der zwar noch keinen Marketing-Namen oder ein „sexy Logo“ besitzt, jedoch von potenten Investoren, darunter Kyocera, Intel, dem japanischen Eisenbahnkonzern JR East und dem Anbieter von Festnetz- und Mobiltelefonie KDDI finanziert wird. Bis 2013 will der neue Wimax-Anbieter rund 1,3 Milliarden US-Dollar in den Aufbau der Infrastruktur stecken. Erste Tests mit Kunden sind in diesem Februar angelaufen, im Sommer 2009 soll der Dienst kommerziell verfügbar sein. Der Breitbandfunker will 90 Prozent der Bevölkerung versorgen und fünf Millionen Kunden für sich gewinnen. Dieses Ziel erscheint ehrgeizig genug, da das 100-Millionen-Volk bestens mit 3G-Mobilfunk sowie Breitband-Anschlüssen auf Basis von DSL oder Glasfaser versorgt ist. Andererseits hat der japanische Wimax-Carrier das Spektrum im Bereich 2,5 GHz vom Staat nahezu umsonst bekommen, und der Aufbau von Wimax-Netzen in dieser Frequenz erscheint weniger anspruchsvoll als im Bereich 3,5 GHz, der in Österreich und der Schweiz vergeben worden ist. (ssu)