Windows.NET naht heran

Nach Windows ME stürzt sich Microsoft mit Macht auf den Windows 2000 Nachfolger Whistler, der jetzt unter "Windows.NET" firmiert und schon kurz vor dem Start der technischen Beta-Phase erste Federn lassen musste.

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Von
  • Peter Siering

Kaum war Windows ME fertig, bereitete Microsoft die Creme seiner Beta-Tester schon auf ihren nächsten Job vor – Details dazu verkündete Gates auf der Professional Developers Conference (PDC), die vom 10. bis 14.7. in Orlando, Florida, stattfand. Bald erhalten Microsofts treueste Beta-Tester die erste Vorabversion von Windows.NET 1, das ehemals unter "Whistler" firmierte. Zunächst dürfte es sich um eine technische Beta handeln, die nur für einen erlesenen Kreis zugänglich sein wird. Im zweiten Halbjahr 2001 soll das System fertig sein. Mit einer breiter zugänglichen Vorabversion ist dennoch nicht vor 2001 zu rechnen.

Mit dieser Windows-Version will der Microsoft erstmals sein Betriebssystem für Privat- und Firmenkunden auf einer technischen Grundlage fußen lassen, nämlich der von Windows NT beziehungsweise 2000. Der DOS-basierte Ansatz, den die Redmonder bisher mit Windows 9x verfolgt haben, hat nach ME also ausgedient. Windows.NET wird es in zwei Darreichungsformen geben, für den Privatkunden (Consumer) als "Personal" für den Geschäftskunden als "Professional", wie gehabt. Gates sieht in Whistler den zweiten Schritt in Richtung seiner .NET-Initiative nach der Herausgabe einer Vorabversion der .NET-Entwicklungswerkzeuge (Visual Studio) an die PDC-Teilnehmer. Whistler soll das erste Windows sein, das .NET-Erweiterungen der Bedienoberfläche aufweist.

Doch, soviel ließ Gates in seiner Rede durchschimmern, auch wenn in Whistler der Browser eine zentralere Rolle bei der Bedienung spielt, bleibt es bei der mehr oder minder klassischen Bedienoberfläche in Whistler. Erst im Nachfolger, der unter dem Codenamen "Blackcomb" bekannt ist, will Microsoft nunmehr die Oberfläche vollständig umkrempeln – soviel zu den Federn, die schon seit Jahren zukünftige Windows-Versionen lassen mussten. Was Blackcomb im Detail auszeichnen wird, ließ Gates offen. Er spekulierte lediglich darüber, dass Blackcomb Anwendern bei der Arbeit mit Information Agents helfen werde. Er untermauerte, dass die Schnittstellen für Entwickler in Blackcomb stabil blieben, also die entstehende .NET-Infrastruktur nutzen.

Eine Idee, wo die Reise der Bedienoberfläche hingeht, kann man nach Gates Rede entwickeln: In einer Kombination aus HTML und Skript-Code sucht .NET sein Heil. Microsoft träumt von einer Outlook-artigen Anwendung, die aus nur wenigen Zeilen Skriptcode besteht. Möglich machen soll das vor allem das neue Visual Studio. Eine Veröffentlichungstermin dafür gibt es indes noch nicht, das einzige Ziel das sich Microsoft dafür bisher gesetzt hat, so Gates, ist die Veröffentlichung der Beta-Version im Herbst. Manchen mag das an ein anderes Killerwerkzeug für Entwickler erinnern, an dem Microsoft einst gestrickt hat: Blackbird versprach eine einheitliche Plattform für das gleichzeitige Entwickeln für das Microsoft Network, das Internet und Multimedia-CDs und verschwand in der Versenkung.

Wirklich famos an Gates Rede, war übrigens der Einstieg. Er teilte einen Seitenhieb aus, wie ihn für gewöhnlich nur die Oracle- oder Sun-Chefs in Richtung Microsoft abfeuern: Er habe darüber nachgedacht, wie man .NET mit all seinen technischen Details so verkaufen könne, dass die Presse davon Notiz nehmen würde. Er hätte befürchtet, dass dort Begriffe wie "Garbage Collection" wohl niemals in den Überschriften auftauchen werden. Doch dieses Problem habe Oracle für Microsoft gelöst. Sie hätten den perfekten Kontrast dafür geliefert, was Microsoft und was Oracle unter Müllsammlung verstünden. (ps)