Wirecard-Skandal: FDP will auch Merkel in einem Untersuchungsausschuss hören

Kommt noch ein Untersuchungsausschuss zum Thema Wirecard? Die FDP drängt darauf. Und ein Doku-Drama auf dem Streamingportal TV Now ist auch schon angekündigt.

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Wirecard-Skandal: FDP will auch Merkel in einem Untersuchungsausschuss hören

(Bild: Franco Francisco Maria/Shutterstock.com)

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Die FDP will die Einsetzung eines Wirecard-Untersuchungsausschusses vorantreiben. "An einem Untersuchungsausschuss zum Wirecard-Skandal führt eigentlich kein Weg mehr vorbei", sagte Fraktionsvize Christian Dürr am Donnerstag der dpa. "Ich erwarte, dass nicht nur die Minister Scholz und Altmaier als Zeugen geladen werden, sondern auch die Bundeskanzlerin."

Angela Merkel (CDU) dürfe sich nicht aus der Affäre ziehen. "Sie muss erklären, wieso sie auf ihrer China-Reise im vergangenen Herbst noch Werbung für Wirecard gemacht hat, während ihr Finanzminister schon seit Anfang 2019 von den Ermittlungen wusste." Es scheine, als seien immer mehr Mitglieder der Bundesregierung über die Vorwürfe gegen Wirecard im Bilde gewesen, meint Dürr. "Das muss nun lückenlos aufgeklärt werden. Ich hoffe, dass neben Grünen und Linken auch die Union diesen Ausschuss mittragen wird."

Der Neuen Osnabrücker Zeitung hatte Dürr gesagt, er sehe nach jetzigem Stand kaum eine andere Option, als einen Untersuchungsausschuss einzuberufen, damit eine lückenlose Aufklärung stattfinden könne. Die Befragung von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) in der Sondersitzung des Finanzausschusses am Mittwoch sei enttäuschend gewesen. Neben Scholz war auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) befragt worden. Viele Neuigkeiten brachte die Befragung in der Sache nicht, Scholz präsentierte sich in der vierstündigen Sitzung als oberster Aufklärer, wie Teilnehmer berichteten. Die Schuld habe er vor allem auf Wirtschaftsprüfer geschoben, die Jahresabschlüsse von Wirecard jahrelang nicht beanstandet hätten.

Der FDP-Obmann im Finanzausschuss, Florian Toncar, sagte am Donnerstag, Finanzminister Olaf Scholz habe die entscheidende politische Frage nicht beantworten können – warum die Finanzaufsicht Bafin nicht hinter die Unregelmäßigkeiten bei Wirecard gekommen sei. Die Grünen-Finanzpolitikerin Lisa Paus sagte, die Sitzung sei für Scholz sowie Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) ganz sicher nicht der "große Befreiungsschlag" gewesen: "Wir stehen immer noch am Anfang der Aufklärung."

Auf die Frage, wer die politische Verantwortung für das Desaster trage, habe es nur großes Schweigen gegeben, sagte Paus. Eine weitere Sondersitzung des Finanzausschusses noch vor dem Ende der parlamentarischen Sommerpause Anfang September gilt als wahrscheinlich. Auch Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble sprach sich für eine umfassende Aufarbeitung des Skandals aus. Ob ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss eingesetzt werden soll, ist noch unklar. Linke und FDP sind dafür, auch weil das Gremium Akteneinsicht hätte.

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Die Grünen wollen zunächst weitere Informationen der Regierung abwarten und dann bewerten, ob ein Untersuchungsausschuss geboten ist. Für die Einsetzung muss im Bundestag ein Viertel der Abgeordneten stimmen. FDP, Grüne und Linke würden zusammen das Quorum erreichen. Für einen U-Ausschuss sprach sich auch die AfD aus. Der Zeitplan wäre allerdings eng. Das Gremium könnte die Arbeit möglicherweise erst im November aufnehmen – und das Ende der Legislaturperiode im Herbst 2021 naht.

Der inzwischen insolvente Zahlungsdienstleister Wirecard steckt in einem massiven Bilanzskandal und hatte im Juni Luftbuchungen von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt. Die Münchner Staatsanwaltschaft geht von einem "gewerbsmäßigen Bandenbetrug" aus, und zwar seit 2015. Mehr als drei Milliarden Euro könnten verloren sein. Zentrale Fragen sind, wann genau die Regierung von Unregelmäßigkeiten wusste und ob sie zu wenig dagegen unternommen hat.

Aufarbeitung des Skandals aus ganz anderer Richtung ist auch schon angekündigt – und zwar n Form eines Films, der beim Streamingdienst TV Now der Mediengruppe RTL Deutschland gezeigt werden. Das 90-minütige Doku-Drama werde im ersten Quartal 2021 zu sehen sein, wie die Bertelsmann Content Alliance am Donnerstag mitteilte.

In dem Doku-Drama geht es den Angaben zufolge um die Umstände und Hintergründe des Skandals und um die Geschichte des Unternehmens und der Manager. Die Filmproduktionsfirma UFA Fiction, die Teil des Bertelsmann-Konzerns ist, steht hinter dem Doku-Drama. Das Konzept sei von mehreren Personen entwickelt worden, darunter auch Autoren von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, wie es weiter hieß. Ebenfalls solle auch ein mehrteiliger Podcast über Wirecard entstehen. (Mit Material der dpa) / (axk)