Wirtschaftsstaatsekretär: E-Sport endlich als gemeinnützig anerkennen

Für Computerspiele ist neuerdings vor allem das Wirtschaftsministerium zuständig. Staatssekretär Michael Kellner erläutert, was es in der Games-Politik plant.

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(Bild: Gorodenkoff/Shutterstock.com)

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Michael Kellner (Grüne), Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), setzt auf baldige Steuervergünstigungen für E-Sport-Vereine. "Wir sollten vorangehen", erklärte er am Montag in einer auf Twitch gestreamten Fragestunde des Game-Verbands der deutschen Computerspielbranche. Die Klärung der Gemeinnützigkeit sollte "möglichst zügig" geschehen, "damit wir endlich mal einen Haken dran bekommen". Das Thema habe "gefühlt schon so einen Bart".

Das Ampel-Regierungsbündnis hat im Koalitionsvertrag die Parole ausgegeben: "Wir [...] machen E-Sport gemeinnützig." Für E-Sport-Vereine soll es so einfacher werden, Geld- oder Sachspenden einzuwerben und im Gegenzug Bestätigungen fürs Finanzamt auszustellen. Es gebe nun auch eine Arbeitsgruppe im Bundestag zu E-Sport, erläuterte Kellner. Dort gehöre die Frage mitverhandelt. Letztlich liege das Thema Gemeinnützigkeit aber im Bundesfinanzministerium. Dort habe sich während der Vorgängerregierung wenig getan, auch wenn Schwarz-Rot die Initiative ebenfalls bereits im Koalitionsvertrag vermerkt gehabt habe. Es müsse nun "wirklich was passieren".

Die Games-Branche liegt in der Frage der finanziellen Fördermöglichkeit und Anerkennung von E-Sport seit Jahren über Kreuz mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). Dieser argumentiert, dass professionelles Daddeln aufgrund des Bewegungsmangels nicht als Sport einzustufen sei. Die Gegenseite spricht dagegen von athletischen Betätigungen. Kellner sagte, er habe die Hoffnung verloren, dass es hier noch zu einer Annäherung komme.

Bisher sei über die Vereinsebene eine "Stellvertreterdiskussion" geführt worden, monierte Game-Geschäftsführer Felix Falk. Die Sportfunktionäre seien gar nicht zuständig. Die Politik könne hier autonom entscheiden. Die Computerspielbranche sei auch nicht "abhängig vom klassischen Sport". Eine punktuelle Zusammenarbeit wäre zwar super, aber praktisch sollte die Politik "jetzt mal machen". Viele E-Sportler engagierten sich in Vereinen und leisteten soziale Arbeit beziehungsweise Jugendarbeit.

Rot-Grün-Gelb hat sich zudem vorgenommen, den Games-Standort zu stärken und die Förderung in Höhe von 50 Millionen Euro pro Jahr zu "verstetigen". Derzeit gingen nur fünf Prozent der Umsätze im Games-Markt hierzulande auf das Konto von Unternehmen, die in Deutschland ansässig sind, gab Kellner zu bedenken. Fördererfolge stellten sich erst mit der Zeit ein. Der größte Aufwuchs finde in Regionen wie Hamburg, Berlin und Nordrhein-Westfalen statt, wo die Unterstützung schon länger laufe.

Da es in Deutschland viele kleine unabhängige Studios gebe, brauche der Staat beim Ankurbeln des Markts "einen langen Atem", betonte der bisherige Bundesgeschäftsführer der Grünen. Im internationalen Vergleich stehe die Bundesrepublik mit den verfügbaren Mitteln inzwischen "deutlich besser" da, sodass sich hoffentlich bald "größere Ansiedlungserfolge" einstellten. Es gelte, "die Ernte einzufahren". Unabhängig von der Farbe einer Regierung werde die Förderung daher sicher auch in der kommenden Legislaturperiode weiterlaufen.

Die vom früheren Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur entwickelte Games-Strategie, wonach Deutschland zum Leitmarkt für Computerspiele weltweit werden soll, will die neue Regierung laut Kellner fortführen, operationalisieren und mit Leben erfüllen. Es gebe unglaublich viele Anreizsysteme und Know-how in der Games-Branche, das noch wenig in andere Wirtschaftsbereiche fließe. Er und sein Team hätten auch schon gewitzelt, in der Verwaltung "Gamification" bei der digitalen Akte einzuführen. Ob sich ein solcher Ansatz durchsetzen würde, sei aber noch nicht sicher.

Computerspiele seien auf jeden Fall ein "Super-Element", um in der schwierigen Pandemiesituation im Bereich Bildung zu helfen und Schüler zu motivieren, hob der 44-Jährige hervor. Hier liege noch vieles brach, da viele Lehrer mit Serious Games noch wenig Erfahrungen hätten. Es sei aber "nicht alles dunkel". Er wolle mit den Studios etwa besprechen, ob "wir einen eigenen Ausbildungsbereich" für die Computerspiele-Entwicklung brauchen. Um den Fachkräftemangel anzugehen, setze die Koalition unter anderem auf erleichterte Einwanderungsregeln.

Die Ampel verständigte sich im Dezember überraschend darauf, die prinzipielle Zuständigkeit für Games vom neuen Bundesministerium für Digitales und Verkehr zum Wirtschaftsressort zu übertragen. Der Game-Verband freute sich damals "über das positive Signal", dass Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) bewusst nach diesem Bereich gegriffen habe. Die Umsiedlung "macht viel, viel Sinn", da im BMWK auch die allgemeine Wirtschafts- und Standortförderung sowie Hilfen für Gründer angesiedelt seien, erläuterte Kellner. Ferner sei es wichtig, Computerspiele etwa mit Künstlicher Intelligenz in einer Hand zu haben: "Das war keine Resteverwertung."

Das einschlägige Referat bestehe aus sechs Leuten, berichtete der Staatssekretär. Der Leiter ziehe Mitte Februar um, die Zusammenarbeit sei aber schon jetzt virtuell "völlig ins Haus eingebettet". Die entsprechenden Vereinbarungen seien alle unterzeichnet.

Persönlich habe er zwar wenig Zeit fürs Daddeln, etwa das Musikspiel Beet Saber könne man aber "einfach mal einstreuen", ließ Kellner durchblicken. In der Familie gebe es aber eine Playstation und seit Weihnachten eine VR-Brille. Der Politiker unkte: "Nicht alle spielen nur mit Holzspielzeug." Den Deutschen Computerspielpreis, der am 31. März das nächste Mal vergeben werden soll, empfindet er als wichtig für die Sichtbarkeit der Branche. Das Marketing habe hier längst eine ähnlich hohe Bedeutung wie die Produktionskosten.

(olb)