Yahoo-Manager rechnet mit Ende des digitalen Kopierschutzes [Update]

Die von Apple-Chef Steve Jobs zuletzt wieder angeheizte Diskussion um den Kopierschutz für digitale verkaufte Musik geht weiter. Brancheninsider rechnen mit dem Ende des DRM, Yahoo will noch in diesem Jahr DRM-freie Musik verkaufen.

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Man muss Steve Jobs Tribut zollen. Auch wenn man ihm nicht zuschreiben kann, das von Verbrauchern so ungeliebte Digital Rights Management eigenhändig erledigt zu haben, und auch wenn er um iTunes seinen eigenen Elfenbeinturm aufgebaut hat, so hat seine Prominenz die DRM-Diskussion aufs Neue angefacht. Nachdem sich zuletzt der britische Major EMI immerhin dazu bekannt hatte, mit Handelspartnern über einen Verzicht auf DRM zu sprechen, legt jetzt ein großer Online-Retailer nach. Der Chef des Musikangebots von Yahoo erwartet schon 2007 ein weitgehend DRM-freies Weihnachtsgeschäft.

"Die Labels haben begriffen, dass DRM weg muss", sagte Dave Goldberg der Tageszeitung USA Today. "Es ist nichts anderes als eine Steuer für Konsumenten digitaler Güter." Goldberg, ein erklärter Gegner der digitalen Rechtekontrolle, sieht die Anti-DRM-Bewegung auf einem guten Weg und schätzt, dass der Verzicht auf DRM die Verkaufszahlen um 15 bis 20 Prozent ansteigen lassen wird (zu Goldbergs Status bei Yahoo siehe das Update am Ende des Textes). Der CEO des erfolgreichen DRM-freien Musikanbieters eMusic, David Pakman, kann das nur bestätigen. Ohne Beschränkungen für die Nutzer und bei Zugang zu dem Gesamtrepertoire der Labels würden "die Verkaufszahlen explodieren". Auch die Marktforscher sekundieren: Mit einem Verzicht könnte die Industrie aufhören, sich um Piraterie Sorgen zu machen, sich stattdessen auf den zahlenden Kunden konzentrieren und damit den Umsatzrückgang abbremsen.

Die Industrie ist davon noch nicht ganz überzeugt. Stattdessen beklagt sie weiter die globale Bedrohung durch Musikpiraterie, nur um im selben Atemzug zu kommunizieren, das Problem längst im Griff zu haben. Die Reaktionen der Industrie auf Jobs "Gedanken über Musik" waren vorhersehbar. Der Verband der US-Musikindustrie (RIAA) wollte das medienwirksames Plädoyer als Lizenzangebot für Apples DRM-System missverstehen und nahm dankend an. Der deutsche IFPI-Ableger mokierte sich über die Scheinheiligkeit des Apple-Bosses. Doch während sich die Verbandsfunktionäre also weiter in Kalter-Kriegs-Rhetorik üben, scheint hinter den Kulissen längst Bewegung in die verhärteten Positionen gekommen zu sein.

Und genau das ist, was die Musikindustrie braucht: Bewegung. Zumindest meint das der Fachanwalt Bennett Lincoff in einem offenen Brief an die Kontrahenten Jobs und RIAA-Vorstand Mitch Bainwol. DRM funktioniert nicht, gibt Lincoff dem Apple-Chef Recht. Die Industrie müsse daher ihr Geschäftsmodell für den Vertrieb über das Internet anpassen; die genaue Kontrolle der Verkäufe und eine transaktionsbezogene Vergütung der Rechte sei nicht marktgerecht. Hier sehen auch andere DRM-Kritiker den Kern des Problems: Durch den Versuch, mit DRM den Verkauf jedes einzelnen Songs online zu kontrollieren, lege sich die Industrie selbst Fesseln an. Das legale Produkt könne im Wettbewerb mit illegalen Downloads nicht mehr bestehen – der kopierte und daher DRM-freie Song ist das attraktivere Angebot. So einfach funktioniert Marktwirtschaft.

[Update: Wie CNET News berichtet, hat Goldberg inzwischen seinen Rückzug von Yahoo angekündigt. Zusammen mit Co-Vizepräsident Robert Roback werde er Yahoo Music verlassen. Die beiden Manager waren 2001 mit der Übernahme ihres Unternehmens Launch Media zu Yahoo gekommen. Goldberg gibt persönliche Gründe für den Schritt an. Seine Äußerungen gegenüber USA Today hat er noch als General Manager von Yahoo Music getätigt.] (vbr)