ZVEI: "Elektroautos und Wärmepumpen könnten das Stromnetz in die Knie zwingen"

Der Verband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) befürchtet eine Leistungslücke im Stromnetz über alle Spannungsebenen. Helfen könne etwa Digitalisierung.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 729 Kommentare lesen

Ortsangabe eines Hochspannungkabels in Bremen.

(Bild: heise online / anw)

Lesezeit: 2 Min.

Würde die für 2030 geplante Zahl an Elektrofahrzeugen und Wärmepumpen jetzt angeschlossen, würde das Stromnetz im heutigen Zustand in die Knie gezwungen werden. Zu diesem Schluss kommt der Verband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) in einer Studie über das Stromnetz, die die Unternehmensberatung PwC für ihn angefertigt hat. "Wir gehen derzeit von einer Leistungslücke in den Netzen von 80 GW über alle Spannungsebenen aus. Bis 2030 braucht es daher massive Investitionen in diese kritische und für die Energiewende so wichtige Infrastruktur – mindestens 100 Milliarden Euro."

Der größte Ausbaubedarf besteht der Studie zufolge in der Hochspannung. Allerdings sei zuvor auch eine Bestandsaufnahme durch die Verteilnetzbetreiber essenziell. Dabei hat der ZVEI aber nicht hauptsächlich den Ausbau von Stromtrassen im Blick. Vielmehr sieht er es als notwendig an, die Netze zu modernisieren. Wichtig seien verlässliche Netz- und Energiezustandsdaten in Echtzeit, Flexibilität, um das Netz effizienter auszulasten, und Speicherkapazitäten vorzuhalten und zu nutzen, etwa durch bidirektionales Laden von Elektroautos.

Der ZVEI wies bereits im Januar auf seine Bedenken hin, das Stromnetz sei zurzeit nicht energiewendefähig. Diesmal stützt er sich auf Ergebnisse von PWC, laut denen gezielt in die Digitalisierung der Netze investiert werden müsse. Nur dadurch könne der physische Ausbau an die größten Engpässe exakt angepasst angegangen werden. Zudem würde vermieden werden, dass Netzentgelte extrem ansteigen. Gleichzeitig bildet die Digitalisierung schon heute die Grundlage für flexible Stromtarife.

Die PwC-Konkurrenz von McKinsey hatte vor Kurzem eine Studie vorgelegt, laut der es im Jahr 2030 in Spitzenlastzeiten zu einer Stromlücke von 30 GW kommen könnte. Während der ZVEI seiner Verbandsnatur entsprechend den Schwerpunkt auf Digitalisierung legt, sieht es McKinsey als notwendig an, ausreichend Gas-Kraftwerke vorhalten zu können. Bidirektionales Laden und das digitale Stromnetz sind für McKinsey Faktoren unter mehreren, die für ein funktionierendes Netz nötig seien.

Der ZVEI betont zudem, dass ausreichend Fachkräfte nötig seien, damit das Stromnetz im laufenden Betrieb ausgebaut und digitalisiert werden kann. "Insbesondere müssen die jetzigen Beschäftigten in die Lage versetzt werden, die veränderten Anforderungen des Klimaneutralitätsnetzes zu managen", schreibt der ZVEI.

(anw)