Zahlen bitte! Vom Sein oder Nichtsein der kommerziellen Raumfahrt

Heute vor zwölf Jahren erreichte erstmals ein Mensch in einem vollständig privat finanzierten Fluggerät den Weltraum und weckte Hoffnungen auf den Durchbruch der kommerziellen Raumfahrt. Doch von allen 5510 Raketenstarts waren erst gut 600 kommerziell.

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Zahlen bitte! Sein oder Nichtsein der kommerziellen Raumfahrt
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Zahlen, bitte!

In dieser Rubrik stellen wir immer dienstags verblüffende, beeindruckende, informative und witzige Zahlen aus den Bereichen IT, Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Politik und natürlich der Mathematik vor.

Das Rennen um die kommerzielle Eroberung des Weltraums ist im vollen Gange und fast jede Woche gibt es neue Nachrichten, die das zu untermauern scheinen. So startete erst am Wochenende eine europäische Ariane-5-Rakete mit mehr Nutzlast als je zuvor. Fast gleichzeitig konnte Amazon-Gründer Jeff Bezos den vierten erfolgreichen Testflug seiner Rakete New Shepard beobachten, die schon bald – suborbitalen – Weltraumtourismus ermöglichen soll. Unterdessen landet SpaceX schon fast routiniert Raketen nachdem sie Nutzlast in eine Umlaufbahn gebracht haben. Das alles trägt zu dem Anschein bei, dass hier ein riesiger Markt bereit steht, um von den Wagemutigen erobert zu werden. Doch die Zahlen sprechen eine andere Sprache.

582 kommerzielle Raketenstarts – an Anbieter ausgeschrieben oder mit hauptsächlich kommerzieller Nutzlast – gab es weltweit in dem Vierteljahrhundert zwischen 1990 und 2015, gezählt und aufgegliedert von US-Behörden. Der Löwenanteil entfällt auf Anbieter aus den USA, Russland und Europa mit dem Pionier Arianespace. Die bietet seit den Achtzigern kommerzielle Starts an und verantwortet mit der Ariane 5 das aktuelle Lastpferd. Mehr als die Hälfte aller Kommunikationssatelliten hat das Unternehmen mit Sitz im französischen Évry ins All gebracht. Aber trotzdem machen all die gezählten Flüge nur rund 10 Prozent der im Space Launch Report zusammengefassten Starts aus: Der kommt auf insgesamt 5510 Raketenstarts seit den fünfziger Jahren – bei einer Erfolgsrate von 92 Prozent.

Betrachtet man die Statistik der kommerziellen Raumfahrt seit ihrem Durchbruch in den 90er-Jahren, fällt vor allem auf, dass sowohl die Anzahl der jährlichen Starts als auch der damit erwirtschaftete Umsatz vor fast zwei Jahrzehnten deutlich höher lag als heute. 38, 41, 39 und 35 kommerzielle Raketenstarts zählte das US-Verkehrsministerium weltweit in den Jahren 1997 bis 2000, Werte die seitdem nicht einmal mehr ansatzweise erreicht wurden. Bei den damit erreichten Umsätzen kommt die Federal Aviation Administration (FAA) für das Jahr 2000 auf 2,7 Milliarden US-Dollar, ein seitdem nicht mehr erreichter Höchstwert (2016: 2,15 Milliarden US-Dollar).

Zahl der kommerziellen Raketenstarts zwischen 1990 und 2015

(Bild: U.S. Department of Transportation, FAA/heise online)

Dennoch gibt der Markt Platz für Erfolgsgeschichten, die größte darunter sicherlich die des Raumfahrtunternehmens SpaceX von Elon Musk. In den sechs Jahren seit 2010 startete das Unternehmen 25 Mal erfolgreich eine Falcon-9-Rakete mit Nutzlast für private Auftraggeber oder die NASA. Dabei setzte das Unternehmen auf niedrige Preise, die es mit seiner wiederverwendbaren Rakete in Zukunft noch weiter senken will. All das ist für Musk aber nur das alltägliche Geschäft, er selbst setzt auf viel größere Ziele und will bereits in wenigen Jahren damit beginnen, eine Kolonie auf dem Mars aufzubauen.

Solch große Ankündigungen gibt es von Europas Arianespace nicht, dafür aber Zahlen, die SpaceX erst einmal erreichen muss. Der Start der Ariane 5 am Wochenende mit einer Last von 10.730 Kilogramm war der 72. erfolgreiche Start einer Rakete dieses Typs hintereinander. Den letzten Fehlschlag bei einem Start erlebte das Unternehmen 2002 – dem Jahr, in dem SpaceX gegründet wurde.

SpaceX-Raketenlandung bei Nacht (7 Bilder)

Die Rakete vor ihrem Start
(Bild: SpaceX)

(mho)