Zankapfel Copyright Assignment: Free Software Foundation sortiert sich neu

Als Reaktion auf heftige Kritik seit dem Frühjahr stellt die FSF ihre Board Governance neu auf. Unterdessen geht die Debatte um die Copyright-Ownership weiter.

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(Bild: Maksim Kabakou/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Silke Hahn

Wie die Free Software Foundation auf ihrer Website mitteilt, bekennt sie sich zu Veränderungen der eigenen Board Governance. Ziel sei ein transparenter, von der Community getragener Prozess zum Bestimmen neuer und zum Evaluieren derzeitiger Board-Mitglieder. Man strebe eine Vereinbarung an, die die Verantwortlichkeiten aller Vorstandsmitglieder umreiße. Innerhalb der kommenden sechs Monate solle ein Ethik-Kodex entstehen, der die Werte der Stiftung festschreibe und klare Regeln für alle wesentlichen Entscheidungsprozesse festsetze.

Auch das persönliche Verhalten der Vorstandsmitglieder, Beschäftigten und Ehrenamtlichen soll der "Code of Ethics" regulieren. Alle Prozesse sollen damit binnen eines halben Jahres auf einer neuen, transparenten Grundlage stehen.

Seit den Streitigkeiten um die Rückkehr des GNU-Gründers Richard Stallman in den Vorstand der Free Software Foundation (FSF) hängt bei der Stiftung der Haussegen schief, Kritik an der Personalie kam von innen wie außen. Große Sponsoren wie Red Hat haben sich aus Protest zwischenzeitlich aus der Stiftung zurückgezogen. Seit April 2021 ist die FSF dabei, sich neu zu sortieren, und hat nun offenbar weitere Konsequenzen aus der Debatte gezogen.

Für die anstehenden Änderungen nimmt die Free Software Foundation der Mitteilung zufolge externe Beratung in Anspruch, die den Strukturwandel moderieren soll. Gespräche mit etlichen Unternehmen, Förderern und Stakeholdern haben offenbar bereits stattgefunden und dienen als Grundlage für die geplanten organisatorischen Neuerungen. Parallel läuft der Rekrutierungsprozess für die Nachfolge des amtierenden CEO John Sullivan, der bereits seit 18 Jahren die Zügel in der Hand hält. Zurzeit kümmert Sullivan sich um das operative Geschäft und Personalfragen. Bis die Nachfolge geklärt ist, bleibt er als Geschäftsführer im Amt, lässt sich dem Blogeintrag entnehmen.

Die nun angestoßene Modernisierung ist die erste strukturelle Änderung seit 2002. Im Vordergrund der Revision stehen die Bewahrung der GNU General Public License (GPL), eine Art Kodifizierung der Stellenbesetzung der Stiftung sowie nötig gewordene Regelungen zur Erneuerung der internen Strukturen der Organisation, insbesondere ihrer Governance.

Dass eine kritische Revision notwendig geworden ist, spiegelt sich insbesondere in der aktuellen Debatte um die Copyright-Ownership in der Open-Source-Welt: Eine Reihe von Projekten wie GCC und die GNU C Library (glibc) lassen zurzeit die Community darüber abstimmen, ob das obligatorische Copyright Assignment an die FSF abzuschaffen sei (Copyright Assignment Policy) – bei der glibc konnten Interessierte bis zum 1. Juli das Proposal kommentieren.

Insbesondere die Software Freedom Conservancy (SFC) und einer ihrer leitenden Mitarbeiter, Bradley M. Kuhn, ehemaliger Executive Director und Vorstandsmitglied der FSF mit Kompetenzen im Lizenzbereich, beziehen zurzeit kritisch Stellung zu den Copyright-Fragen der FOSS Communities (Free and Open Source Software) und der Weigerung der Free Software Foundation, mehr Diversität bei der Copyright-Vergabe zuzulassen. Kuhn war 2019 aus der Free Software Foundation ausgetreten. Die bestehenden Copyright-Policies sind teils seit den 1980er Jahren und der Gründung der Free Software Foundation in Kraft.

Wer sich tiefer für die Debatte interessiert oder mitdiskutieren möchte, kann Kuhns Stellungnahme auf den Seiten der SFC in einem ausführlichen Blogeintrag nachlesen ("It Matters Who Owns Your Copyleft Copyrights", Blogpost vom 30. Juni 2021), eine Diskussion dazu findet unter anderem im Forum von LWN.net und bei Sourceware.org über die einschlägigen Mailinglisten statt.

(sih)