Zu viel Nacktheit: Filmwerkstatt geht gerichtlich gegen Facebook-Sperre vor

Nach einem Programmhinweis für einen prämierten Streifen mit Indigenen verschwand der Filmverein auf Facebook. "Es kann alle treffen", warnen Bürgerrechtler.

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Pressefoto des Films "Der Schamane und die Schlange"

Zu viel Nacktheit für Facebook? Der Film "Der Schamane und die Schlange" löste eine Sperrung aus, die jetzt vor Gericht verhandelt wird.

(Bild: MFA+)

Lesezeit: 2 Min.

Die Filmwerkstatt Düsseldorf hat zusammen mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) Klage gegen Facebook beziehungsweise den Mutterkonzern Meta beim Landgericht Düsseldorf eingereicht. Anlass ist, dass der Plattformbetreiber im Dezember 2021 ohne vorherige Ankündigung oder Begründung die Facebook-Seite des gemeinnützigen Vereins für cinematografische Liebhaber löschte. Vermutlich fiel der Social-Media-Auftritt dem umstrittenen Nippel-Verbot auf Meta-Netzwerken zum Opfer: Die Filmwerkstatt hatte zuvor einen Programmhinweis auf den Oscar-nominierten Film "Der Schamane und die Schlange" mit einem Standbild gepostet, auf dem eine Gruppe nur mit Lendenschurz bekleideter Indigener zu sehen war.

Mit der bereits Ende Februar durch die Kanzlei Hausfeld eingereichten Klage wolle man erreichen, dass die Seite der Filmwerkstatt wiederhergestellt und vor weiteren Sperrungen oder Löschungen geschützt wird, teilte die GFF am Donnerstag mit. "Dadurch soll die Kunstfreiheit im Netz gestärkt werden." Die für die Kunstszene wichtige Werkstatt wisse bis heute nicht, "was Facebooks Vorwurf ist, und kann sich dementsprechend auch nicht dagegen zur Wehr setzen", begründete Jürgen Bering, Jurist und Verfahrenskoordinator bei der Bürgerrechtsorganisation, die Initiative. Dass selbst ein Kulturverein "Opfer der willkürlichen Sperren" geworden sei, zeige: "Es kann alle treffen."

Die verschwundene Facebook-Page, der über 4000 Menschen folgten, war laut der GFF der wichtigste Kanal für die Werbung der Filmwerkstatt. Durch die willkürliche Löschung auf der "marktbeherrschenden" Social-Media-Plattform könne sie ihr Angebot wie Filmvorführungen und Diskussionsrunden nur noch eingeschränkt online verbreiten. Für Kunstschaffende im Allgemeinen seien das Internet und insbesondere soziale Netzwerke unverzichtbar, um Aufmerksamkeit zu bekommen und Wirkung zu entfalten. Das Grundrecht der Kunstfreiheit gelte nicht nur für Privatpersonen, sondern auch für gemeinnützige Vereine.

Wenn Diensteanbieter Algorithmen zur Inhaltsmoderation einsetzen, seien Fehler vorprogrammiert, moniert die GFF. Derlei Programmroutinen "schlagen an bei Faktoren wie nackter Haut, ohne jedoch den Kontext eines Werkes zu verstehen". Das Vorgehen des US-Konzerns widerspreche der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von 2021, nach der Facebook die Grundrechte seiner Nutzer achten und diesen ermöglichen muss, gegen verhängte Sanktionen vorzugehen. In einem ähnlichen Fall konnte die GFF für die zivilgesellschaftliche Organisation Goliathwatch voriges Jahr einen Erfolg erzielen: Das Oberlandesgericht Hamburg entschied damals im Eilverfahren, dass für die Sperrung einer Seite hohe Hürden bestehen, die in einer vorausgehenden Anhörung objektiv und sachlich begründet werden müssen. Facebook musste die Page der Konzernkritiker wieder freischalten.

(mki)