c't-Brandtest: Vorsicht vor billigen Ladetaschen für E-Bike-Akkus

Wir wollten wissen: Was passiert, wenn ein E-Bike-Akku in einer günstigen Ladetasche abbrennt, die als feuerfest beworben wird?

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Feuerfest, explosionssicher – mit solchen Attributen werben die Verkäufer billiger Schutztaschen für Lithium-Ionen-Akkus. Ein Brandtest von c't zeigt nun: Auf solche Werbeversprechen sollte man sich nicht verlassen. Im Test versagte eine günstige Ladetasche völlig. Schon kurz nach der Explosion der ersten Akkuzelle schlugen Flammen aus ihr heraus. Nach dem Brand waren nur ein paar Fetzen übrig.

Ausgewählt für den Test haben wir eine für E-Bike-Akkus gedachte Ladetasche, die ein chinesischer Verkäufer für rund 20 Euro auf Amazon.de anbot. Beworben wurde sie als "feuerfest" und "explosionssicher". "Der dreischichtige Verbundwerkstoff ist stark und zuverlässig für maximale Isolierung gegen Explosionen und Trümmer", hieß es in der Beschreibung. Als Brandlast wählten wir einen neuen, voll aufgeladenen E-Bike-Akku mit 375 Wattstunden – ein fairer Gegner für die Billigtasche, da es E-Bike-Akkus mit mehr als 700 Wattstunden gibt.

Durchgeführt haben wir den Test bei der Firma Fisacon in Rheda-Wiedenbrück. Diese entwickelt Ladeboxen für Akkus, konkurriert also mit den Herstellern von Ladetaschen, auch wenn die Fisacon-Boxen mit Preisen jenseits 1500 Euro in einem anderen Segment unterwegs sind. Die Tasche und den Akku haben wir selbst ausgewählt, Fisacon stellte lediglich die Zündvorrichtung und den Brandcontainer.

Einige Minuten nach dem Einschalten des Glühzünders aus sicherer Entfernung quollen die ersten grauen Rauchschwaden aus der Tasche, fünf Minuten später explodierte die erste Akkuzelle mit einem Knall. Schon etwa zehn Sekunden danach stand die Tasche in Flammen, wie unser Video zeigt:

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Weitere explodierende Zellen flogen ungehindert im Brandcontainer umher. Hätte der Test in einer Wohnung stattgefunden, hätte der Akku nicht nur Möbel in der unmittelbaren Umgebung in Brand gesetzt, sondern vermutlich auch brennbare Gegenstände in einigen Metern Entfernung.

c't-Brandtest mit billiger Ladetasche für E-Bike-Akkus (8 Bilder)

Für den Brandtest haben wir einen E-Bike-Akku mit 375 Wattstunden ausgewählt und mit einem Glühzünder versehen.

Wir wollen keine Panik verbreiten: Gemessen an der Zahl der verkauften Akkus sind Brandfälle sehr selten und bei äußerlich intakten Akkus noch viel seltener.

Eine schlechte Tasche kann im Ernstfall allerdings mehr schaden als nutzen. "In einer Tasche wird die Wärme konzentriert, was die Kettenreaktion des Akkus wahrscheinlicher macht und sogar beschleunigt", sagte der Akkuexperte Sascha Bruns von der Gesellschaft für Werkstoffprüfung (GWP), der selbst zahlreiche Brandtests durchgeführt hat, gegenüber c't. Explodierten deshalb mehrere Zellen, könne der Akku die Tasche zerreißen oder verbrennen und das Ergebnis letztlich schlimmer ausfallen als ohne Behältnis.

Bruns betonte, dass eine Tasche zudem prinzipiell nicht verhindere, dass entflammbare, gesundheitsschädliche Gase aus ihr austreten. Denn wenn der Elektrolyt verdampft, steigt sein Volumen um ein Vielfaches. Mit Pech entflammen die Gase dann auch außerhalb der Tasche, sodass es zu einer gefährlichen Verpuffung kommt. Auch deshalb sei es wichtig, Akkus in einem Raum mit möglichst wenig Brandlast zu lagern, eventuell unter einem offenen Fenster oder an einem ausreichend kühlen Ort im Freien.

Wir informierten Amazon über das Ergebnis unseres exemplarischen Brandtests und wiesen dabei darauf hin, dass nach unserer Einschätzung die meisten Taschenmodelle im gleichen Preisbereich ähnlich schlecht vor Bränden schützen. Der Konzern nahm das von uns getestete Taschenmodell von der Plattform. "Wir haben das genannte Produkt für die Dauer der Untersuchung entfernt", sagte eine Sprecherin. Allgemein entferne man "proaktiv Produkte im Falle von Produktsicherheitsbedenken". Allerdings findet man bei Amazon.de nach wie vor viele augenscheinlich ähnliche Modelle. Viele dieser Taschen werden von den Verkäufern ebenfalls als "feuerfest" und "explosionssicher" beworben.

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(cwo)