BND entlastet verurteilten Mitarbeiter bei EU-Softwareprojekt

Der Projekt-Koordinator beim EU-Wissensmanagementprojekt SENSUS wollte sich nicht selbst bereichern, sondern hat offensichtlich in BND-Auftrag gehandelt.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

In dem Skandal um das EU-Projekt SENSUS und die Beteiligung des BND an den Turbulenzen um den angeschlagenen Sprachtechnologie-Konzern Lernout & Hauspie ist bislang nicht zu erkennen, dass sich der BND-Mitarbeiter Stephan Bodenkamp alias Christoph Klonowski selbst bereichern wollte. Klonowski war vom Amtsgericht München wegen Vertragsfälschung im SENSUS-Projekt zu 13.500 Mark Geldstrafe verurteilt worden. Als Direktor für "maschinelle Übersetzung und künstliche Intelligenz" der BND-Tarnbehörde "Amt für Auslandsfragen" war er als Projektkoordinator im SENSUS-Projekt tätig gewesen. Zu seinen Gunsten wurde im Strafbefehl berücksichtigt, dass er "eine eigene Bereicherung nicht anstrebte".

Vielmehr scheint er im Interesse seines Arbeitgebers gehandelt zu haben. Dies legt ein Brief des Bundesnachrichtendienstes nahe: Annette Brückner, die Geschäftsführerin der in finanzielle Mitleidenschaft gezogenen Firma Polygenesys, hatte sich in einem Schreiben direkt an August Hanning, den Präsidenten des BND, gewandt. In dem Antwortschreiben der BND-Rechtsabteilung vom 20. Dezember 2000 an die Anwälte der geschädigten Firma heißt es: "Richtig ist vielmehr, dass im BND umfangreiche Maßnahmen zur Aufklärung dieser Angelegenheit durchgeführt wurden. Gerade diese Prüfungen haben aber ergeben, dass keinerlei Fehlverhalten von Mitarbeitern des BND festzustellen ist, das kausal für irgendeinen Schaden der von Frau Brückner vertretenen Firmen gewesen sein könnte. Dies gilt gleichermaßen für die gegen Herrn Bodenkamp erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe." Ebenfalls am 20. Dezember wurde aber der Strafbefehl gegen Klonowski rechtswirksam.

Gegenüber c't konnte ein BND-Sprecher auch am heutigen Mittwoch keine Auskünfte über den Fall geben. Auch dazu, ob disziplinarische Maßnahmen gegen Bodenkamp/Klonowski ergriffen werden, wollte sich der Sprecher nicht äußern. Eine indirekte Reaktion ist dennoch zu vermelden: Die Websites der BND-nahen Radial Sprachtechnologie GmbH sowie des SENSUS-Projekts, die beide unter anderem eine Ms. Hanni Münzer als Kontaktperson angeben, waren gestern eine ganze Zeit nicht mehr erreichbar. Auf der SENSUS-Seite ist Stephan Bodenkamp ebenfalls noch als Projektkoordinator angegeben.

Der bündnisgrüne Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele kündigte gestern gegenüber der taz an, den Fall zum Thema im Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) für die Geheimdienste machen zu wollen: "Ich will wissen, inwieweit und ob der BND überhaupt an Firmen beteiligt ist und Einnahmen daraus gezogen hat." Wenn es einen Nebenhaushalt zum offiziellen Budget gebe, müsse das geklärt werden. (Christiane Schulzki-Haddouti) / (jk)