50 Jahre "2001 Odyssee im Weltraum" – oder: Wie ich lernte, den Computer zu lieben
Am 6. April 1968 kam der Film "2001 – Odyssee im Weltraum" in die Kinos und veränderte das Genre des Science-Fiction-Films für immer. Der Film ist heute aufgrund der Diskussionen über Machine Learning aktueller denn je.
Es war eine zähe Geburt, als "2001– A Space Odyssey" am 6. April 1968 in seiner endgültigen Fassung endlich in Los Angeles uraufgeführt wurde. Stanley Kubrick hatte seit 1964 zusammen mit dem Science-Fiction Autor Arthur C. Clarke an dem Film gearbeitet. Am Anfang stand nur eine Kurzgeschichte von Clarke "Die Wächter", die der Regisseur gemeinsam mit dem Autor zu einem vollen Roman und Grundlage für den 2:41 Stunden langen Film ausbaute.
Eigentlich sollte 2001 schon Anfang 1967 in die Kinos kommen, doch die Trickaufnahmen erwiesen sich als so aufwendig, dass der Ablaufplan um 16 Monate und die Produktionskosten von zunächst 6 Millionen US-Dollar um 4,5 Millionen überschritten wurden. Kubrick war während der Produktion so besorgt um das Gelingen des Films, dass er 1965 sogar bei der englischen Versicherung Lloyds angefragt haben soll, wie teuer es wäre, den Film gegen eine Entdeckung von Lebewesen auf dem Mars zu versichern.
Inzwischen hatte Mariner IV zahlreiche Fotos von der Marsoberfläche zur Erde gefunkt, die von Wissenschaftlern ausgewertet wurden. Hätten sie Marsmännchen entdeckt, niemand würde sich noch um seinen Film scheren, so Kubricks Befürchtung.
Kubrick hatte seine Karriere als Reportage-Fotograf begonnen und war ein Perfektionist, was Kameraführung und Ausleuchtung betraf. Mit 2001 wollte er unbedingt ernst genommen werden, was damals mit einem Science-Fiction-Film kaum möglich schien. Das Publikum assoziierte bis dato schlechte B-Movies und schleimige Monster vom Mars mit dem Genre.
Off-Kommentar wurde verbannt
Also heuerte Kubrick Dokumentarfilm-Spezialisten vom kanadischen Fernsehen an, die 1960 eine beeindruckende Dokumentation über das Universum produzierten. Dessen damaliger Sprecher Douglas Rain lieh dann sogar dem HAL 9000 seine Stimme. Zudem sollte ein Sprecher aus dem Off den wissenschaftlichen Hintergrund der Szenen von 2001 erläutern. Erst kurz vor Veröffentlichung schnitt Kubrick die Erklärungen wieder heraus. Noch zwei Tage vor der Premiere in Los Angeles kürzte er den Film um 19 Minuten, die Szenen aus dem ersten Kapitel "Dawn of Man" sowie Frank Poole beim Joggen in der Discovery und in seinem Pod zeigten.
Frühe SciFi-Filme, die "2001" beeinflussten – eine Auswahl (12 Bilder)
Le Voyage Dans La Lune (Georges Méliès, 1902)
(Bild: Georges Méliès)
2001 ist über weite Strecken wie ein Stummfilm aufgebaut, nur rund 40 Minuten sind Dialoge zu hören. Beim ersten Mal werden wahrscheinlich viele Zuschauer rätseln, was die einzelnen Szenen bedeuten sollen. Erklärungen liefert der parallel erschienene Roman von Arthur C. Clarke. Es ist quasi eine multimediale Veröffentlichungspolitik, in dem jedes Medium genau das tut, was es am besten kann: Das Buch erklärt, der Film zeigt. Und deshalb wird es auch nicht langweilig, ihn mehrfach zu schauen, weil jede Szene Raum zur Interpretation lässt.
Bahnbrechende Spezialeffekte
Steven Spielberg nannte "2001" den "Urknall des Science-Fiction-Films", der in der Folge viele Regisseure inspirierte. Mit dazu bei trugen sicher auch die damals bahnbrechenden Spezial-Effekte, die so überzeugend waren, dass Verschwörungstheoretiker vermuteten, Kubrick hätte auch die spätere Mondlandung in Szene gesetzt.
In 2001 setzte Kubrick für die Szenen mit den Menschenaffen im ersten Kapitel beispielsweise die sogenannte Frontprojektion ein, die just erst durch die Entwicklung hoch reflektierender Leinwände von 3M möglich geworden war und eine penible Abstimmung der Kamera mit dem Projektor erforderte.
Für Bowmans Flug durch das Sternentor nutzte Kubrick die extrem aufwendige Slitscan-Technik, bei der der Film Bild für Bild durch einen Schlitz belichtet wird. Den größten Unterschied bei der Optik von 2001 gegenüber anderen Science-Fiction-Filmen machten jedoch die Außenaufnahmen der Raumschiffe aus. Kubrick setzte nicht nur wesentlich größere Modelle ein, sondern achtete auch auf die korrekte Beleuchtung und Schärfentiefe der Kamerablenden.
2001 - Odyssee im Weltraum (30 Bilder)
(Bild: Metro-Goldwyn-Mayer)
Das Problem war damals wie heute, dass im Weltraum das Licht von der Sonne als Punktquelle kommen muss, die Modelle also nicht großflächig ausgeleuchtet werden können. Damit man den kleinen Maßstab der Modelle jedoch nicht erkennt, müssen die Kameras mit einer großen Schärfentiefe – sprich einer kleinen Blende arbeiten. Durch die kleine Blende kommt jedoch nicht genügend Licht. Die Lösung: Lange Belichtungszeiten von bis zu vier Sekunden pro Bild. Dazu musste Kubrick jedoch erst einmal neue Kameras und hochpräzise Motoren entwickeln, die bei den geplanten Projektionen eine Szene präzise mehrfach belichten konnten. Gedreht wurde dann quasi in Stopmotion-Technik mit hundertfachem Zeitraffer.
Der Aufwand hat sich jedoch gelohnt. Denn erst über 25 Jahre später, 1995 im Film "Apollo 13" war die digitale Technik endlich soweit, dass sie "bessere" Effekte als Kubricks analoge Technik zustande brachte. In der Zwischenzeit hatte die in den 70ern und 80ern populäre Bluescreen-Technik dominiert, die jedoch stets mit ausfransenden Kanten und Belichtungsfehlern zu kämpfen hat.
Musik wie vom anderen Stern
Neue Wege ging Kubrick auch bei dem Sound und der musikalischen Untermalung. Da im Vakuum des Weltraums kein Schall übertragen wird, sind auch die Außenszenen geräuschlos. Doch entgegen der weit verbreiteten Meinung von Produzenten wird dadurch die Dramatik der Szenen nicht etwa gedämpft, sondern sogar noch verstärkt, weil sie realistischer wirken.
Die musikalische Untermalung von "An der schönen blauen Donau", "Also sprach Zarathustra" war eigentlich nur als Platzhalter für den Rohschnitt gedacht. Nachdem Carl Orff Kubrick einen Korb gegeben hatte, beauftragte er Alex North mit der Komposition eines Soundtracks. Doch nachdem dieser 40 Minuten fertig gestellt hatte, überlegte es sich Kubrick wieder anders und blieb bei seiner "Platzhaltermusik".
North veröffentlichte seinen verschollenen Soundtrack 1993. Hört man ihm im Vergleich, so klingt er durchaus modern, erinnert jedoch stark an den Orchestersoundtrack zu "Planet der Affen", den Jerry Goldsmith 1968 komponierte. Er hatte vor allem deutlich mehr rhythmische Elemente als die von Kubrick bevorzugten Stücke von György Ligeti. Dessen Atmospheres, Lux Etherna und Requiem bestehen in weiten Teilen aus dissonanten Clustern und lassen keine Metrik erkennen. Wohl aber sind alle seine Stücke komplett ausnotiert und gehören wohl zu dem schwierigsten, was man als Chor und Orchester spielen kann.