Alle Mobilfunk-Hersteller wollen indischen Mega-Auftrag

Das staatliche Telecom-Unternehmen Bharat Sanchar Nigam Limited plant den Ausbau seines Mobilfunknetzes für 60 Millionen zusätzliche Kunden.

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"Die Mutter aller Ausschreibungen" – so nennen indische Medien die für Mitte des Monats geplante Veröffentlichung des staatlichen Telecom-Unternehmens Bharat Sanchar Nigam Limited (BSNL). Dieses plant den Ausbau seines Mobilfunknetzes für 60 Millionen zusätzliche Kunden. Ein Teil davon könnte sogar das erste 3G-Netz Indiens bilden. Der Auftragswert wird auf zirka 4 Milliarden Euro geschätzt. Zusätzlich soll auch das Festnetz um einige Millionen Anschlüsse erweitert werden. Praktisch alle internationalen Infrastrukturanbieter hoffen, zumindest einen Teil des lukrativen Auftrags zu bekommen.

Derzeit zählt BSNL etwa 14,5 Millionen Mobilfunknutzer. Hinzu kommen rund 40 Millionen Anschlüsse im Festnetz (inklusive Wireless Local Loop, so genannte Village Public Telephones, klassische Telefonzellen, und anderes). Bis zum Ende des nächsten Finanzjahres im März 2007 gibt es bereits konkrete Pläne: In den ersten drei Monaten des Jahres 2006 sollen in vier Regionen Installationen für jeweils 2 Millionen Mobilfunkanschlüsse gebaut werden. In den zwölf folgenden Monaten sollen Kapazitäten für 16 Millionen GSM-Anschlüsse und vier Millionen Festnetzanschlüsse, für die es bereits konkreten Bedarf gibt, geschaffen werden. Außerdem bekommen 14.000 bislang vollkommen unversorgte Dörfer ein via Satellit angebundenes Village Public Telephone, das oft mit Strom aus Solarzellen betrieben wird. Unterdessen wird weiter über eine mögliche Fusion mit dem ebenfalls staatlichen Anbieter MTNL diskutiert.

Die Ausschreibung einer ersten Tranche über "nur" 7 Millionen GSM-und GPRS-Anschlüsse hatte Ende 2004 der kanadische Anbieter Nortel mit einer Offerte von 500 Millionen US-Dollar (damals zirka 375 Millionen Euro) gewonnen. Bei diesem Dumpingangebot, das in der Hoffnung auf Folgeaufträge gemacht wurde, soll Nortel 50 Cent je Dollar draufgezahlt haben. Die damals gezeigte Euphorie ist inzwischen verflogen. BSNL hat statt der ursprünglich geplanten kleineren Tranchen eine Riesenausschreibung vorbereitet, die jede nur denkbare Konkurrenz anzieht. Aufgrund der komplexen Vorbereitungen wurde die Veröffentlichung schon zweimal verschoben, am 15. Januar soll es aber endlich so weit sein.

Indiens Teledichte, also das Verhältnis von Telefonanschlüssen zu Einwohnern, ist im vergangenen Jahr um fast ein Drittel auf etwa 9 Prozent nach oben geschnellt. Erstmals gibt es mehr Mobilfunk- als Festnetzanschlüsse. Das Ziel des mehr als eine Milliarde Einwohner zählenden Landes, bis Ende 2005 drei Millionen Breitbandanschlüsse zu haben, wurde allerdings klar verfehlt. Der erreichte Wert liegt unter einer Million, die 3-Millionen-Marke soll nun im neuen Jahr erreicht werden.

Immerhin wurde der günstigste Paketpreis (25 Stunden Breitbandzugang pro Monat) um 75 Prozent auf umgerechnet etwa 4,65 Euro reduziert. Auch die Sprachtarife im Festnetz hat BSNL um rund ein Viertel gesenkt. Damit möchte der Anbieter den starken Rückgang an Festnetzkunden bremsen, denn in den Städten tauschen immer mehr Inder ihr Festnetztelefon gegen ein Handy. Im Hinterland, wo die Teledichte unter einem Prozent liegt, versucht Indien, mit einer Reihe von Maßnahmen die "digitale Spaltung" zu bekämpfen. Dazu gehören unter anderem die Village Public Telephones, Internet-Kioske sowie eine Satelliten-Offensive. (Daniel AJ Sokolov) / (anw)