Analyse zu Chromes Werbefilter: Der Bisschen-Blocker

Seite 2: "Keine Weltpolizei Google"

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Langfristig will die Coalition for Better Ads die Installationsquote von Adblockern deutlich reduzieren. Vorerst scheint es aber darum zu gehen, den Nutzern, die noch keinen Adblocker installiert haben, keinen Anlass zu geben, diesen Schritt nachzuholen.

Einen tatsächlichen Umschwung können die Marktteilnehmer erst erwarten, wenn der Initial Standard der Coalition for Better Ads durch ein ausgiebigeres Regelwerk ersetzt wird, das die Werbelandschaft sichtbar verändert. Um einen solchen Schritt mitzugehen, verlangen die Geschäftspartner Google sowohl greifbare Ergebnisse als auch mehr Mitbestimmung. "Eine Art Weltpolizei-Rolle über Online-Werbung lehnen wir strikt ab, da sie unsere verlegerischen Freiheiten massiv einschränken würde", erklärt Schwecke die Haltung von Axel Springer.

Das Misstrauen ist teilweise verständlich. Denn zum einen liest sich der erste Standard der Coalition For Better Ads wie ein Freifahrtschein für Google selbst. Hier werden weder die Pre-Roll-Videos auf YouTube, noch die lukrative Suchmaschinenwerbung werden eingeschränkt. Gleichzeitig macht der Konzern den Verlagen immer neue Angebote, die deren Abhängigkeit von Google erhöhen würden.

Zum anderen schiebt der Bestrafungs-Mechanismus in Google Chrome den Verlagen die alleinige Verantwortung zu. So werden nicht etwa die Betreiber der Echtzeit-Marktplätze abgestraft, wenn sie unzulässige Werbeformeln handeln oder Verlagen sogar unterschieben. Auch die werbenden Firmen können ungestraft blinkende Autoplay-Videos in Pop-Up-Fenstern verbreiten.

Diese Firmen fordern zwar immer wieder laut hochqualitative Werbeumfelder. Die Kampagnen, die sie selbst an Werbemarktplätze und Verlage schicken, sprechen aber mitunter eine andere Sprache: So erklärt Arne Steinmetz vom Verlagskonzern Gruner+Jahr auf Anfrage von heise online: "Dieselben Werbeformen, die in der Coalition als störend eingestuft werden, fragen Marktteilnehmer nach wie vor aktiv bei uns an." Die Verlage müssen also wieder eine Wächterfunktion annehmen, die ihnen im wild wachsenden Geschäft der programmatischen Werbung abhanden gekommen war.

Bei aller Marktmacht von Google und dem demonstrierten guten Willen des Konzerns: Der Erfolg des Ad Filters ist keineswegs garantiert. Zu groß sind die Widerstände der Branche, zu gering die Spielräume des Marktführers, zu hoch die Ansprüche der werbeentwöhnten Nutzer. Aber der Erfolg ist aber auch nicht ausgeschlossen. Die kommenden Wochen werden zeigen, ob Google tatsächlich eine neue Marktdynamik etablieren kann. (dbe)