Bundesgerichtshof lässt Klagebefugnis von Verbraucherverbänden vom EuGH klären
Ob Verbraucherbände gegen Plattformen wie Facebook wegen Datenschutzverletzungen klagen dürfen, soll der Europäische Gerichtshof jetzt abschließend klären.
Der Bundesgerichtshof hat ein entscheidendes Verfahren des Verbraucherverbands VZBV gegen Facebook ausgesetzt. Das Gericht will auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) warten. Dieser muss noch über ein Vorabentscheidungsverfahren entscheiden, das ihm vom Oberlandesgericht Düsseldorf vorgelegt wurde.
In dem Verfahren geht es um das von Facebook betriebene App-Zentrum, über das kostenlos Online-Spiele anderer Anbieter zugänglich gemacht werden. Der Nutzer erteilte mit dem Button "Sofort spielen" den Anwender-Betreibern die Genehmigung, viele seiner Daten zu verwenden. In einem Hinweis war zu lesen: "Durch das Anklicken von 'Spiel spielen' oben erhält diese Anwendung: Deine allgemeinen Informationen, Deine-Mail-Adresse, Über Dich, Deine Statusmeldungen. Diese Anwendung darf in deinem Namen posten, einschließlich dein Punktestand und mehr."
Perfektionierung von Einwilligung als fragwürdiger Erfolg
Der Verbraucherverband hatte geklagt, weil er diesen Hinweis für unzureichend hielt und darin keine wirksame Einwilligung in die Datennutzung erkennen konnte. Der Verband sah darin außerdem einen wettbewerblichen Verstoß. Der BGH wartet nun das Urteil des EuGHs zum "Gefällt-mir"-Button von Facebook ab. Die Frage, ob jedoch ein Erfolg für den Datenschutz erzielt werden kann, ist fraglich.
"Die Vorinstanz, nämlich das Kammergericht Berlin, hat betont, dass die Einwilligung im Rahmen des Appzentrums nicht ausreichend klar und informiert ist", erklärt der Jurist und Datenschutzexperte Malte Engeler. Im Ergebnis würde aber Facebook "hier und da an seinen Datenschutzhinweisen und Einwilligungserklärungen feilen. So werde zwar die Weitergabe der Daten an Dritte wie etwa beim App-Zentrum die Spieleanbieter transparenter, bleibe aber "faktisch identisch".
Zeitverzögerung durch dogmatische Streitereien
Wesentlich für die Entscheidung ist vorerst aber die Frage, ob gemeinnützige Verbände bei Datenschutzverletzungen nach der inzwischen durch die Datenschutz-Grundverordnung überholten, für den Fall aber wesentlichen europäischen Datenschutz-Richtlinie klagen dürfen. Möglicherweise obliegt nach der Richtlinie die Ahndung den Datenschutz-Aufsichtsbehörden. Die Frage der allgemeinen Abmahnfähigkeit von Datenschutzverstößen wurde im Dezember im Bundestag in der öffentlichen Anhörung zum zweiten Datenschutzanpassungsgesetz zuletzt heftig diskutiert.
Ob Verbraucherverbände tatsächlich klagebefugt sind, wird schon länger in Fachkreisen diskutiert. "Als deutsche Besonderheit setzen hierzulande neben den Aufsichtsbehörden auch Verbraucherverbände seit langem sehr erfolgreich Datenschutzrecht durch. So alt wie diese Verfahren, ist auch die Debatte über unsere Berechtigung dazu", sagt Heiko Dünkel, der im VZBV für das Verfahren verantwortlich ist. Er hält die heutige Entscheidung dennoch für gut, "weil damit diese Diskussion vom EuGH in absehbarer Zeit auch für die neue DSGVO beendet werden könnte", sagte Dünkel gegenüber heise online. "Wir sind zuversichtlich, dass der EuGH die Klagerechte der Verbände nicht antasten wird, weil er die Verbraucherrechte stärken will. Er wird das am Ende nicht aus dogmatischen Gründen ablehnen." (anw)