Datenschützer beurteilen Lehrerbenotung im Internet als rechtswidrig
Lehrer müssen laut der bayerischen Datenschutz-Aufsichtsbehörde zwar grundsätzlich damit rechnen, dass sie von Schülern kritisiert werden. Die Bewertung im Internet mit weltweiter Zugänglichkeit sei jedoch eine unverhältnismäßige Steigerung.
Bayerische Datenschützer halten Lehrerbenotungen durch Schüler im Internetforum spickmich.de für rechtswidrig. Sie verletzten das Recht der Pädagogen, über Preisgabe und Verwendung ihrer Daten selbst zu bestimmen, erklärte – wie bereits vergangene Woche angekündigt – die Datenschutz-Aufsichtsbehörde für den nicht-öffentlichen Bereich am heutigen Montag in Nürnberg. "Die Zur-Schau-Stellungen und Anprangerungen im Internet sind für die Lehrer in vielen Fällen schwerwiegend", sagte Behördenleiter Günther Dorn.
Das Oberlandesgericht Köln hatte in einem Urteil vom November 2007 dagegen die Benotung auf der Internetseite als rechtmäßig angesehen. Sie sei vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Dorn hielt dagegen, dass es bei spickmich.de nicht darum gehe, politische und weltanschauliche Meinungen zu verbreiten. "Es geht hier vielmehr um ein weltweites Bewerten und Kritisieren anderer Menschen im Internet."
Lehrer müssen nach Dorns Worten zwar grundsätzlich damit rechnen, dass sie von Schülern kritisiert werden. Die Bewertung im Internet mit weltweiter Zugänglichkeit sei jedoch eine unverhältnismäßige Steigerung. "Das Internet darf nicht mit einem Stammtisch oder Schulhof verwechselt werden, wo Äußerungen in einem abgegrenzten Bereich abgegeben werden", meinte Dorn. "Die Persönlichkeit eines Lehrers kann auf diese Art und Weise in wesentlich höherem Maße beeinträchtigt und verletzt werden als durch die übliche Mundpropaganda." Vertreter von Lehrerverbänden wiesen darauf hin, dass auch die Schulbehörden durch die Benotung beeinflusst werden könnten, etwa bei Beförderungen. Zudem sei gezieltes Mobbing von Lehrern auf der Webseite möglich.
Der Sprecher von spickmich.de, Bernd Dicks, sagte gegenüber dpa, die Datenschützer ließen außer Acht, dass Lehrer in ihrer Berufsausübung keine Privatpersonen seien. Die Benotung sei nichts anderes als eine Meinungsäußerung der Schüler. "Sie zu verbieten, würde einer Zensur gleichkommen", sagte Dicks. Bisher seien auf spickmich.de rund 250.000 Lehrkräfte bewertet worden. Die Durchschnittsnote liege bei 2,7. Dies zeige, dass die Schüler verantwortungsvoll mit der Bewertung umgingen.
Die Datenschutzaufsichtsbehörde für den nicht-öffentlichen Bereich überwacht die Einhaltung des Datenschutzes etwa im Gesundheitswesen, bei Versicherungen, Banken, Auskunfteien und beim Adresshandel bis hin zu Tele- und Mediendiensten. Sie ist bei der Regierung von Mittelfranken angesiedelt.
Siehe dazu auch:
- Dürfen Schüler ihre Lehrer im Internet benoten? Eine datenschutzrechtliche Betrachtung über die Veröffentlichung personenbezogener Daten im Internet, Bayerische Datenschutzaufsichtsbehörde für den nicht-öffentlichen Bereich
- Datenschützer halten Lehrer-Beurteilung im Internet für nicht rechtmäßig
- Landgericht Köln: Weiterhin gute Karten für Schülerportal "Spickmich"
- Streit um Lehrerbenotungen im Internet beschäftigt erneut Landgericht
- Oberlandesgericht: Lehrer-Benotung im Internet ist rechtens
- CDU-Schulministerin will Ende von Lehrerbewertungen im Internet
- Oberlandesgericht: Lehrer müssen öffentliche Benotung im Internet dulden
- Gericht bestätigt: Schüler dürfen Lehrer im Internet benoten
- Philologenverband für schärfere Maßnahmen gegen Internet-Mobbing
- Gericht: Benotung von Lehrerin im Internet rechtens
- Ministerien in Nordrhein-Westfalen gegen Online-Mobbing von Lehrern
- Gericht: Schüler dürfen Lehrer im Internet benoten
- Deutscher Lehrerverband klagt über Mobbing im Internet
- Britische Lehrer klagen weiterhin über Mobbing im Internet
(dpa) / (jk)