EU-Kommission setzt auf FrĂĽhwarnsystem zur Abwehr von Fake News
Mit einem Aktionsplan gegen Desinformation will die EU-Kommission den Mitgliedsstaaten helfen, Falschnachrichten schneller aufzuspĂĽren und zu widerlegen.
Die europäischen Länder sowie Online-Plattformen wie Facebook, Google oder Twitter sollen im Kampf gegen Falschmeldungen und manipulierte Meinungen deutlich aufrüsten. Die EU-Kommission hat dazu am Mittwoch einen Aktionsplan gegen Desinformation vorgelegt. Demnach soll von März 2019 an ein europaweites Frühwarnsystem verhindern, dass sich "Fake News" in On- und Offline-Medien rasch verbreiten.
Als Basis dafür ist ein verbessertes Instrumentarium vorgesehen, um Falschnachrichten und Propaganda zu erkennen. Bestehende Arbeitsstäbe und Projektgruppen für strategische Kommunikation, die EU-Analyseeinheit für hybride Bedrohungen im Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) sowie die EU-Delegationen in den Nachbarländern sollen dafür mit mehr qualifizierten Mitarbeitern und Datenanalysewerkzeugen ausgerüstet werden.
Intensiverer Austausch
Allein das Budget für die Kommunikationsstelle des EAD soll von 1,9 Millionen Euro in diesem Jahr auf voraussichtlich 5 Millionen Euro im Jahr 2019 mehr als verdoppelt werden. Mit dem Geld sollen auch die dortigen Spezialisten die Bürger für die nachteiligen Auswirkungen von Desinformation "sensibilisieren". Die EU-Organe und die Mitgliedsstaaten sollen Daten und Bewertungen von Kampagnen intensiver untereinander austauschen und Warnmeldungen "in Echtzeit" verfügbar machen. Zusätzlich sollen die nationalen Regierungen und EU-Behörden spezielle Programme durchführen, um die Medienkompetenz zu fördern.
Facebook, Google, andere Online-Portale sowie Wirtschaftsverbände hatten der Kommission im September bereits einen Verhaltenskodex gegen Desinformation unterbreitet. Sie verpflichteten sich damit, enttarnte "Fake Accounts" und Social Bots rasch dichtzumachen. Profilen und Webseiten, die Falschmeldungen verbreiten, sollen die Werbeeinnahmen entzogen werden. Mit Blick auf die Europa-Wahlen im Mai forderte die EU-Kommission zudem schon mehr Transparenz bei politischer Werbung in sozialen Medien ein.
Die Kommission ermahnt die Beteiligten nun, die Selbstverpflichtung "zügig und wirksam umsetzen". Von Januar bis Mai 2019 müssen die Online-Plattformen der Kommission monatlich Bericht erstatten. Erweist sich der Ansatz als unzureichend, drohen stärkere regulatorische Schritte.
"Wir wollen keine Zensur"
Der für den digitalen Binnenmarkt zuständige Kommissionsvizepräsident Andrus Ansip begründete die Initiative mit bereits aufgedeckten Versuchen, "in Wahlen und Referenden einzugreifen". Dabei sprächen "alle Anzeichen dafür", dass Russland bei diesen Kampagnen "eine wichtige Rolle gespielt hat".
Zugleich räumte der Este ein, dass die geplante Etaterhöhung für den EAD angesichts vieler hunderter Millionen, die Russland in den Propagandabereich stecke, nicht ausreiche. Die EU wolle das dortige System mit den alten KGB-Methoden "aktiver Maßnahmen" aber nicht kopieren und "keine eigene Propagandamaschine schaffen". Es gelte vielmehr, grenzüberschreitend aufzuklären, damit dieselben Instrumente und Kampagnenmuster nicht einfach in verschiedenen Mitgliedsstaaten eingesetzt werden könnten.
"Wir wollen keine Zensur", versicherte EU-Justizkommissarin Vĕra Jourová. Die Bürger sollten sich frei entscheiden können, Maschinen und Algorithmen dürften in diesen Prozess aber nicht unangemessen eingreifen. Kriterien für gezielte Werbung müssten offengelegt werden. Der für die Sicherheitsunion zuständige Kommissar Julian King ergänzte, er sehe persönlich keinen Grund, warum politische Inhalte über Social Bots verbreitet werden sollten. (anw)