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Edward Snowden: Sicher mit dem Internet leben? – Lernt Magie!

Auch vier Jahre nachdem er aufgrund seiner Enthüllungen zu den Überwachungspraktiken westlicher Geheimdienste nach Russland flüchtete, bleibt Snowden Optimist. Einiges habe sich zum Besseren gewendet, aber noch sei viel zu tun.

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Edward Snowden auf der Cebit

Snowden auf der CeBIT

(Bild: CeBIT)

Lesezeit: 3 Min.

Die einzige Möglichkeit, Technik zu bezwingen, bietet sich jenen, die sie verstehen. Mit diesen Worten plädierte Edward Snowden per Liveschaltung auf der CeBIT in Hannover an Kinder, sich im ursprünglichen Sinn des Wortes als Hacker zu versuchen. Über die Manipulation von Technik könne man lernen, wie diese funktioniert und sich dann etwa gegen Überwachung wehren, antwortete er auf die Frage, wie Kinder in einer Welt mit dem Internet aufwachsen sollten. Zwar sei "jede hinreichend fortschrittliche Technologie" tatsächlich "von Magie nicht zu unterscheiden", aber eben nur für jene, die sie nicht verstehen.

Zwei Jahre nach seinem ersten Auftritt auf der CeBIT zog der NSA-Whistleblower außerdem eine neue Bilanz seiner Enthüllungen. Dem in der Zwischenzeit veröffentlichten Spielfilm attestierte er, den Komplex Massenüberwachung verständlicher gemacht zu haben, als er das je gekonnt habe.

So meint Snowden, dass das Verhalten von Internetnutzern immer noch extrem transparent sei. Dank der gestiegenen und fortschreitenden Ausbreitung von Verschlüsselung vor allem in Form von HTTPS, sei es für Angreifer aber inzwischen deutlich schwieriger, an Klartext zu kommen. Vor allem Metadaten seien aber weiterhin abgreifbar. Seit seinen Enthüllungen habe sich die Situation also zwar verbessert, aber noch stimme die Feststellung, dass wir derzeit ein Goldenes Zeitalter für Geheimdienste erleben. Dabei sei es egal, ob man die Arbeit einzelner Dienste eventuell akzeptieren würde: Solange man vor einem nicht geschützt sei, sei man durch alle angreifbar.

Zu seiner am Widerstand von SPD und Union gescheiterten Befragung im NSA-Untersuchungsausschuss meinte Snowden, das Argument dagegen sei "lächerlich". Die Regierungsparteien hatten eine Vorladung nach Deutschland verhindert, aus Angst Snowden könnte hierzulande einen Asylantrag stellen und damit die deutschen Beziehungen zur USA so stark strapazieren, dass von seinen ehemaligen Kollegen Hinweise zu Terroranschlägen zurückgehalten werden könnten. Das hieße, man unterstelle den US-Beamten, sie würden Deutsche sterben lassen, weil sie Snowden nicht mögen. Der hält das für unvorstellbar.

Der ehemalige NSA-Mitarbeiter warnte außerdem davor, dass Staaten einen Markt für unentdeckte Sicherheitslücken unterstützen und damit nicht nur die Preise für solche "Zero Days" in die Höhe treiben, sondern ihre Bürger in Gefahr bringen würden. Denn je mehr Anreize es gebe, danach zu suchen, desto größer werde die Gefahr von Funden. Die dadurch angreifbare Technik sei aber nirgendwo so wichtig wie bei uns und durch unsichere Geräte oder Software wären wir am stärksten bedroht. Stattdessen müssten Unternehmen dazu gebracht werden, die Sicherheit ihrer Produkte durch Unabhängige überprüfbar zu machen, um die Gefahr der Entdeckung für Angreifer zu erhöhen.

[Update 22.03.2017 – 8:45 Uhr] Snowdens Hinweis auf das Clarkesche Gesetz aus dem Meldungstitel im Text erläutert (mho)