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Facebook sperrt US-Unabhängigkeitserklärung als Hate Speech

Die Algorithmen von Facebook haben wieder einmal zugeschlagen. Ein Teil der US-Unabhängigkeitserklärung wurde als Hate Speech deklariert und geblockt.

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Facebook sperrt US-Unabhängigkeitserklärung als Hate Speech
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Das Internet ist voll von heißen IT-News und abgestandenem Pr0n. Dazwischen finden sich auch immer wieder Perlen, die zu schade sind für /dev/null.

Automatische Filter bei Facebook haben einen Abschnitt der US-Unabhängigkeitserklärung als Hate Speech deklariert und gesperrt. Das berichtet The Vindicator aus dem US-Bundesstaat Texas, dessen Facebook-Seite von der Sperrung betroffen war. Im Vorfeld des US-amerikanischen Nationalfeiertags am 4. Juli hatte die Tageszeitung jeden Tag einen Abschnitt der Unabhängigkeitserklärung auf Facebook veröffentlicht, bis der Eintrag mit den Paragraphen 27 bis 31 blockiert wurde. Zwar hat Facebook den Eintrag wie erwartet wieder freigegeben, aber The Vindicator nutzt die Gelegenheit, um auf die verschiedenen damit verbundenen Probleme hinzuweisen.

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Der beanstandete Teil im Original

He has abdicated Government here, by declaring us out of his Protection and waging War against us.

He has plundered our seas, ravaged our Coasts, burnt our towns, and destroyed the lives of our people.

He is at this time transporting large Armies of foreign Mercenaries to compleat the works of death, desolation and tyranny, already begun with circumstances of Cruelty & perfidy scarcely paralleled in the most barbarous ages, and totally unworthy the Head of a civilized nation.

He has constrained our fellow Citizens taken Captive on the high Seas to bear Arms against their Country, to become the executioners of their friends and Brethren, or to fall themselves by their Hands.

He has excited domestic insurrections amongst us, and has endeavoured to bring on the inhabitants of our frontiers, the merciless Indian Savages, whose known rule of warfare, is an undistinguished destruction of all ages, sexes and conditions.”

Der beanstandete Teil der US-Gründungsurkunde listet die Vergehen auf, die die US-Gründungsväter dem englischen König vorwerfen. Die Algorithmen haben sich dabei wohl an der Formulierung "Indian Savages" gestört, wie die Zeitung meint: Thomas Jefferson hätte wohl besser schreiben sollen, "amerikanische Ureinwohner in einer herausfordernden Phase ihrer kulturellen Entwicklung". Leider habe Jefferson wie die meisten Kolonisten aber "kein völlig positives Bild der Ureinwohner" gehabt. Insgesamt könne man wohl mehrere Teile in dieser Passage als Hate Speech deklarieren.

The Vindicator weist darauf hin, dass es Facebook als Unternehmen natürlich frei steht, die immerhin kostenlose Benutzung seiner Dienste einzuschränken. Problematisch sei aber, dass die Zeitung auf Facebook angewiesen sei, um mit den Menschen der Stadt in Kontakt zu kommen. Erst wenn Artikel auf Facebook beworben werden, bestehe die Chance, ein breiteres Publikum zu erreichen. Nach der Sperrung stehe man nun vor einem Problem: Wenn man die letzten Abschnitte wie geplant veröffentliche und Facebooks Algorithmen fänden wieder etwas kritikwürdiges, könne die Zeitung ihre Facebook-Seite verlieren. Die Zeitung hat sich schließlich dafür entschieden.

Die Situation sei zwar frustrierend gewesen, schreibt der Autor Casey Stinnett, aber als Historiker müsse er ja auch Ironie lieben. Und es sei doch eine große Ironie, dass die Worte von Thomas Jefferson nun in den Vereinigten Staaten zensiert würden.

Siehe dazu auch:

[Update 05.07.2018 – 15:50 Uhr] Der betroffene Vindicator ist aus Texas. Die falsche Ortsangabe wurde korrigiert. (mho)