Klimaschutz: Der Lachgas-Ausstoß wächst enorm und fördert Erderwärmung

Die globalen Lachgas-Emissionen sind deutlich gestiegen. N2O ist etwa 300 Mal so treibhauswirksam wie CO2.

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Klimaschutz: Der Lachgas-Ausstoß wächst enorm und sorgt für Erderwärmung

(Bild: Sepp photography/Shutterstock.com)

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Nicht nur der zunehmende CO2-Ausstoß heizt die Atmosphäre immer weiter auf. Auch die globalen Emissionen von Lachgas (Distickstoffmonoxid, N2O) sind seit 2009 erheblich angestiegen. Diese Entwicklung läuft schneller, als es der Weltklimarat IPCC prognostiziert hat. Dies geht aus einer jetzt im Fachjournal Nature Climate Change veröffentlichten Studie hervor.

Die Zunahme des mächtigen Treibhausgases führen die Forscher demnach vor allem auf die oft mit Stickstoff überdüngten landwirtschaftlichen Flächen zurück, was sich etwa auch auf Gewässer, Pflanzen oder Waldböden auswirkt. Dazu kommen auftauende Permafrostgegenden, aus denen auch dieser einst gebundene Klimakiller entsteigt.

N2O ist anfangs etwa 300 Mal so treibhauswirksam wie Kohlendioxid und trägt zwischen sechs und neun Prozent zum globalen Treibauseffekt bei. Wie Rona L. Thompson vom Norwegischen Institut für Atmosphärenforschung mit Kollegen in dem Artikel ausführt, ist seit vorindustriellen Zeiten die Konzentration des Spurengases von 270 ppb (Anteile pro Milliarde Luftmoleküle) bis 2017 auf rund 330 ppb gestiegen. Vor allem seit dem Jahr 2000 hat der Einstrom von N2O in die Atmosphäre zugenommen: lag er zunächst bei 0,68 ppb, betrug er zwischen 2010 und 2015 0,98 ppb.

Von 2000 bis 2013 erhöhte sich laut der Analyse parallel der globale Stickstoffeintrag in Böden um 59 Millionen Tonnen und der entsprechende Überschuss in Anbaugebieten um 18 Millionen. Der Emissionsfaktor – also die Menge Stickstoff, die von der insgesamt ausgebrachten Menge wieder in die Atmosphäre entweicht – sei seit 2009 mit 2,3 Prozent deutlich größer als die vom IPCC geschätzten 1,375 Prozent. In den Jahren 2010 und 2013 könnte es sich zwar um Ausreißer nach oben gehandelt haben, der Trend insgesamt sei aber auch ohne diese Anomalien erkennbar.

Die Forscher werteten für die Studie vor allem Daten aus einem weltweiten N2O-Messnetz zwischen 1998 und 2016 aus und errechneten daraus mit diversen Modellen die jährlichen Emissionsraten. Zusätzlich griffen sie auf weiter zurückliegende Aufzeichnungen zu. Allein durch natürliche Ursachen beziehungsweise bekannte Verfahren können die Wissenschaftler die rasante Zunahme von Lachgas in der Atmosphäre nicht erklären. Ihnen zufolge wird das meiste N2O in Ostasien und Südamerika ausgestoßen, während die Emissionen in den USA und Europa weitgehend gleichgeblieben seien.

Die Verfasser mahnen, auch den Ausstoß von Treibhausgasen wie Lachgas und Methan zu reduzieren, um die Pariser Klimaschutzziele erreichen zu können. Clemens Scheer vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung des Karlsruher Instituts für Technologie erachtet den Abbau der Stickstoffüberschüsse bei der landwirtschaftlichen Produktion und beim Einsatz von organischem Dünger ebenfalls als "absolutes Muss", um die Klimaerwärmung zu stoppen. Dies sei aber auch nötig, um etwa "eine Versauerung von Böden" sowie die "Kontamination von Grund- und Oberflächengewässern mit Nitrat" auf ein verträgliches Maß zu reduzieren.

"Wahrscheinlich sehen wir erst die Spitze des Eisberges, da Stickstoff in der Biosphäre in den letzten Jahrzehnten massiv akkumulierte", befürchtet Scheer. Es bestehe zwar "ein sehr hohes Potenzial", die N2O-Emissionen aus anthropogenen Quellen wieder deutlich zu senken. Dabei handle es sich aber angesichts der wachsende Weltbevölkerung und dem damit einhergehenden Nahrungsmittelbedarf sicherlich um "eine der größten Herausforderungen unserer Zeit".

Auch Fortunat Joos, Professor für Klima- und Umweltphysik an der Universität Bern, bezeichnete den fortgesetzten Anstieg bei den Lachgas-Emissionen als "sehr beunruhigend", da dieser die Modelle der Klimaerwärmung zusätzlich durcheinanderwirbele. N2O sei auf lange Sicht aber weniger schädlich als CO2, da es im Gegensatz dazu "eine beschränkte Lebensdauer von rund 120 Jahren in der Atmosphäre" habe. Es gelte daher, den Lachgas-Ausstoß zu stabilisieren, während die CO2-Emissionen auf Netto-Null heruntermüssten.

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(olb)