Luftverschmutzung an Bord: Kreuzfahrtschiffe sind kein Luftkurort

Große Schiffe sind Dreckschleudern. Das trifft auch Besatzung und Passagiere.

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Kreuzfahrtschiffe sind wohl kein Luftkurort

Ein Kreuzfahrtschiff macht Station in Halifax, Neuschottland. Am Pier erzeugen einige Windräder Strom. Für die Versorgung des Riesenschiffes würde das aber bei Weitem nicht reichen.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 2 Min.

Die Atemluft an Deck großer Kreuzfahrtschiffe ist nicht nur mit Schwefeloxiden und Stickoxiden belastet, sondern auch mit Ultrafeinstaub. Das bestätigt eine aktuelle Untersuchung von Dr. Ryan David Kennedy der Johns-Hopkins-Universität. Er hat an Deck von vier Kreuzfahrtschiffen in Nordamerika die Belastung durch Ultrafeinpartikel und Nanopartikel gemessen. Die gemessenen Werte lagen nicht selten weit über den Messwerten besonders versmogter Großstädte.

Das ist besonders besorgniserregend, weil sich an Deck regelmäßig Sporteinrichtungen wie Laufbahnen, Schwimmbecken und Basketballfelder befinden. Und wer Sport treibt, atmet viel mehr und tiefer.

Kennedys Bericht untermauert die Vermutung, dass die schädlichen Partikel aus dem Auspuff des jeweiligen Schiffes kommen: Auf hoher See bei fahrendem Schiff waren die Konzentration hinter dem Schlot um Vielfache höher als vor dem Schlot. Bei Messungen in Häfen, also ohne Fahrtwind, war die Partikelkonzentration immer noch sehr hoch, aber das auf See festgestellte Verteilungsmuster gab es dort nicht.

Ultrafein- und Nanopartikel sind maximal einen Mikrometer klein und typisch für Abgase von Schweröl und Diesel. Aber sie entstehen unter anderem auch beim Rauchen, beim Vaping, sowie beim Wäschewaschen. Weil die Partikel so winzig sind, werden sie besonders tief in die Lunge geatmet. Sie können sogar im Blut mitschwimmen und so andere Organe erreichen.

Im Verhältnis zu ihrem Volumen haben diese Partikel eine besonders große Oberfläche, was sie noch giftiger macht als den gröberen Feinstaub. Zellversuche belegen ihre Gentoxizität. International anerkannte Grenzwerte gibt es im Unterschied zum Feinstaub nicht, aber weniger ist generell besser.

Kennedy hat verdeckt gemessen, ohne Reederei oder Passagiere zu informieren. Entsprechend weiß er nicht, welcher Treibstoff jeweils gerade verbrannt wurde. In Frage kommen Schweröl, Gasöl für Schiffsverkehr und Diesel. Messungen mit vorbeikommenden Rauchenden hat der Forscher verworfen.

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Journalisten von France 3 haben vor zwei Jahren ähnlich gravierende Ultrafeinpartikel-Werte auf einer Kreuzfahrt im Mittelmeer gemessen. "Es ist lange bekannt, dass Schiffsabgase Unmengen giftiger Luftschadstoffe enthalten, da die Reeder besonders dreckigen Kraftstoff verwenden und auf den Einsatz moderner Abgastechnik verzichten", kommentierte der Naturschutzbund Deutschland damals.

(ds)