Künstliche Intelligenz diagnostiziert COVID-19 anhand von CT

Eine Wiener KI kann COVID-19 unter Umständen besser diagnostizieren als ein Labortest – anhand von Computertomografien. Dank Open Source kann jeder zugreifen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 220 Kommentare lesen
CT

CT-Aufnahme eines COVID-19-Patienten

(Bild: UCSD-AI4H)

Lesezeit: 3 Min.

Fortgeschrittene COVID-19-Erkrankungen lassen sich auf Röntgen und Computertomografien (CT) der Lunge besser erkennen als mit den üblichen PCR-Tests von Rachenabstrichen. Eine Künstliche Intelligenz (KI) des Wiener KI-Labors Deep Insights macht es nun den Radiologen nach. Sie erzielt bei COVID-19-CTs eine Sensitivitätsrate von mehr als 90 Prozent. Auch das dürfte über dem Wert von PCR-Tests liegen.

Mehr zum Coronavirus:

Das gilt natürlich nur in Fällen, bei denen das Coronavirus bereits die Lunge erreicht und befallen hat. In früheren Stadien gibt es auf Röntgen- und CT-Bildern wenig bis nichts zu sehen. CT-Aufnahmen gibt es in der Regel nur von den schwereren Fällen, die in einem Krankenhaus landen, wo ein CT gemacht werden kann.

Mehr Infos

PCR

Bei der KI von Deep Insights handelt es sich um ein Convolutional Neuronal Network, das mit tausenden anonymisierten Bildern trainiert wurde. Es liefert stets eines von drei möglichen Ergebnissen: COVID-19, pathologischer Befund (worunter beispielsweise MERS und Lungenentzündungen fallen) oder normaler Befund. Grundsätzlich erkennt die KI COVID-19 auch auf einfachen Röntgenbildern, die in wesentlich mehr Kliniken und deutlich billiger angefertigt werden können; allerdings ist die Erkennungsrate bei einfachen Röntgen noch nicht so hoch.

Deep Insights hat seine zur Unterstützung von COVID-19-Diagnosen gedachte KI gemeinsam mit der Wiener Firma LifeTec entwickelt und als Open Source veröffentlicht. Die Lizenz (GNU Affero General Public License v3.0) erlaubt umfassende Modifikationen, Weiterverbreitung und kommerziellen Einsatz. Die hinter Deep Insights stehenden Brüder Hamilton und Aaron Kaplan rufen auch ausdrücklich dazu auf, ihre KI auszuprobieren und weiter zu verbessern. Besonders freuen würde sie sich über weitere anonymisierte CT- und Röntgen-Aufnahmen, um die KI weiterentwickeln zu können.

Aaron Kaplan, Deep Insights

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Gleichzeitig weist Kaplan darauf hin, dass die KI keinen Arzt ersetzen kann: "Der Mensch muss letztlich aufgrund seines reichen Erfahrungsschatzes die richtige Diagnose erstellen. Die vorgestellte AI weiß z.B. nicht, ob der Patient gerade hustet und hohes Fieber hat. Deshalb kann und soll die Lösung nur ein weiteres Werkzeug im Werkzeugkasten der Mediziner sein."

Ein Nachteil eines CT ist, dass es nur in entsprechend ausgestatteten Kliniken erstellt werden kann – in die man während einer Pandemie ja eher nicht gehen möchte, wenn es nicht unbedingt sein muss. Im Unterschied zu einem Rachenabstrich ist ein CT allerdings schmerzfrei machbar, und es gibt binnen Minuten ein Ergebnis. Die Kosten sind vergleichbar. (ds)