Mehr Power durch Quanten
Mit Hilfe der Quantenthermodynamik wollen Forscher bisher als absolut geltende Grenzen der Physik überwinden – zumindest in der Mikrowelt.
- Wolfgang Richter
- Dr. Wolfgang Stieler
Nano-Maschinen könnten sehr viel effizienter arbeiten als ihre makroskopischen Pendants – das Löschen von Information könnte gar eine Maschine antreiben. Das ist das verblüffende Resultat von Gedankenexperimenten aus einem neuen Forschungsgebiet: der Quantenthermodynamik. Das berichtet Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe.
Nach der klassischen Thermodynamik können alle Wärmekraftmaschinen, dazu gehören Dampfmaschinen und Verbrennungsmotoren, nur einen bestimmten, maximalen Effizienzgrad erreichen können: den „Carnot-Wirkungsgrad“. Ein Perpetuum mobile, das aus Wärme mechanische Arbeit und aus mechanischer Arbeit Wärme erzeugt und sich so unendlich weiterbewegt, ist demnach unmöglich. Forscher wie Tobias Schätz von der Universität Freiburg hält diese Grenzen jedoch nicht für absolut. „Es wäre absurd anzunehmen, dass sich der Quantenkosmos in kleinen Systemen einfach an die Standardregeln der Thermodynamik hält“, sagt er.
2016 haben Forscher der Universität Mainz die kleinste Wärmekraftmaschine der Welt aus einem einzelnen Kalzium-Ion konstruiert. Von einem elektrischen Wechselfeld eingesperrt, konnte es sich wie ein Kolben in einem Zylinder nur in eine Richtung bewegen. Als Antrieb wurde das Ion abwechselnd durch elektrisches Rauschen geheizt und danach mittels Laserstrahlen gekühlt. Theoretische Physiker haben vorgeschlagen beispielsweise die Heisenberg’sche Unschärferelation zu benutzen, um den Wirkungsgrad solch einer Maschine zu erhöhen. Dadurch käme es zu Fluktuationen – ab und an stünden dem Atom Kräfte zur Verfügung, die zur Überschreitung des Carnot-Limits führten.
Forscher wie der Physiker Renato Renner von der ETH Zürich sind dagegen davon überzeugt, dass die Thermodynamik auch in Quantensystemen gilt. Sie betonen aber, dass man dabei auch die im System steckende Information berücksichtigen müssen. Durch Löschen von Information "muss gemäß dem zweiten Hauptsatz so viel Entropie entstehen, dass die Gesamtbilanz größer als null wird“, sagt Renner. Im Jahr 2017 konnten französische Forscher solch einen Effekt in einem Experiment tatsächlich nachweisen. Dabei wurde ein Mikrowellenpuls durch einen supraleitenden Ring immer weiter verstärkt - das entspräche makroskopisch einem kälteren Behälter, in den Wärme hinein fließt. Das gelang jedoch nur, indem man Information über den Quantenzustand des Rings in einem Mikrowellen-Resonator erst speicherte und dann wieder löschte.
Mehr zu dem Thema lesen Sie in der aktuellen Ausgabe von Technology Review (jetzt im gut sortierten Zeitschriftenhandel und im heise shop erhältlich). (wst)