Mit digitalen Anwendungen die Verbreitung der Corona-Pandemie verlangsamen
Vom Chatbot über Videosprechstunde bis zur Tracking-App: Unterschiedliche Ansätze für digitale Lösungen könnten den Verlauf der Corona-Pandemie verlangsamen.
Der vom Bundesgesundheitsministerium ins Leben gerufene Health Innovation Hub (HIH) pflegt seit vergangener Woche eine Sammlung digitaler Tools und Telemedizin-Angebote. Sie wurden von verschiedenen Technologie-Anbietern auf eigene Initiative entwickelt und versprechen konkrete Hilfeleistungen. Die Webseite wird täglich aktualisiert.
Corona-Bot
Die HIH-Website bietet seit wenigen Tagen auch einen Chatbot, der individuell auf Fragen antworten kann und damit unnötige Arztbesuche vermeiden helfen soll. Der von dem Startup Docyet entwickelte Bot berücksichtigt täglich die aktuellsten wissenschaftlichen Veröffentlichungen und die Angaben des Robert-Koch-Instituts. "In wenigen Schritten können Sie klären, ob Sie Symptome des Coronavirus aufweisen sowie eine Risikoabschätzung, ob es sich tatsächlich um Corona handeln könnte", verspricht das HIH. Die Datenverarbeitung setzt die Einwilligung des Nutzers voraus.
Mit dem Chatbot können Informationen zum Coronavirus abgefragt, es kann aber auch ein standardisierter Verdachtstest durchgeführt werden. Bei der Frage nach den typischen Symptomen einer Corona-Infizierung bietet der Bot an, einen Arzt, eine Apotheke oder ein Krankenhaus zu finden. Bei unserem Test konnte der Chatbot diese Finde-Aufgabe allerdings aufgrund eines "aufgetretenen Problems" nicht lösen.
Kostenlose Videosprechstunden
Das HIH listet auf seiner Webseite auch 17 von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zertifizierte Anbieter von Videosprechstunden auf, die Arztpraxen eine Abrechnung ihrer Videosprechstunde ermöglichen. Diese Dienste seien, so das HIH, meist ohne große Vorkenntnisse, Hardware-Investitionen oder sonstiges technisches Know-how in den Praxis-Alltag zu integrieren. Viele Anbieter bieten für die kommenden Monate den Arztpraxen einen kostenlosen Zugang an.
HIH bringt Akteure zusammen
Angesichts der täglich veränderten Lage ist es nicht auszuschließen, dass es kurzfristig neue Finanzierungsmöglichkeiten für digitale Corona-Tools geben wird. Aktuell verfügt der HIH über kein Budget, um die Entwicklung von Lösungen finanziell zu unterstützen. Er bringt allerdings die richtigen Akteure für konkrete Projekte kurzfristig zusammen, teilte HIH-Direktor Henrik Matthies heise online mit. "Wir sehen uns in den aktuellen Tagen als Katalysator und Enabler, um digitale Technologien zu identifizieren und pragmatische Lösungen zusammen mit den Gesundheitsakteuren auf die Straße zu bringen", zitiert Matthies den Anspruch des Health Innovation Hubs, den das Bundesgesundheitsministerium ins Leben gerufen hat.
Tele-Testkits
Weltweit wird derzeit an neuen digitalen Lösungen gearbeitet, die zur Verlangsamung der Pandemie beitragen sollen. Das internationale Health-Unternehmen ICME Healthcare beispielsweise setzt auf Selbsttests, wie der öffentliche Beitrag eines ICME-Managers auf LinkedIn zeigt. Dazu lanciert es derzeit eine Online-Plattform für ein digitales Diagnosetool. Bei einer positiven Bewertung soll der Patient zu einem Webshop weitgeleitet werden, auf dem er ein Testkit erwerben kann.
Über diesen Weg sollen Haushalten über 1 Million Testkits zur Verfügung gestellt werden. Der Patient soll dann den Test zu Hause durchführen und an ein Labor schicken. Das Labor stellt die Ergebnisse über das Portal den Gesundheitsämtern und einem Tele-Arzt zur Verfügung, der dann den Patienten telemedizinisch beraten soll. Durchgeführt wird die Initiative derzeit von zehn Organisationen, zu denen auch staatliche Einrichtungen gehören sollen. Ziel ist es, den Anstieg von Neuerkrankungen zu verlangsamen, um die Kapazitäten des Gesundheitssystems nicht zu überlasten.
Crowdfunding gestartet
Die Entwickler der Corona-App GeoHealth haben ihre Crowdfunding-Kampagne gestartet. Die App soll spätestens Anfang April an den Start gehen. Unter anderem könnten mit den Datenspenden der Nutzer die Interviewverfahren des Robert-Koch-Instituts zu Kontaktpersonen erheblich beschleunigt werden.
"Die Daten sind in jedem Fall vollständig anonymisiert. Die App bietet nicht einmal eine Loginfunktion", betonte Maxim Gleser gegenüber heise online, der für die App-Entwicklung verantwortlich ist. "Es werden keine genauen Standorte der Erkrankten auf der Karte angezeigt," erklärt Gleser. Lediglich ein Radius von 200 bis 500 Metern erscheine "rot", wenn sich ein COVID-19-positiver Mensch innerhalb der letzten 24 Stunden dort aufgehalten hat. "Damit haben die Nutzer einerseits die Möglichkeit, Bereiche mit höheren Infektionswahrscheinlichkeiten vollständig zu meiden oder Vorsichtsmaßnahmen zu treffen", sagt Gleser. Dabei könne niemand zu seinem Wohnort zurückverfolgt werden. (bme)