Neutralitätsverstöße messen

Die Netzgemeinde möge Methoden entwickeln, wie die Verlangsamung von Datenverkehr oder Blockaden von Diensten gemessen werden können - so die Vizechefin der Bundesnetzagentur, Iris Henseler-Unger.

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Von
  • Monika Ermert

Die Vizechefin der Bundesnetzagentur, Iris Henseler-Unger appellierte an die Netzgemeinde, Methoden zu entwickeln, wie die Verlangsamung von Datenverkehr oder Blockaden von Diensten gemessen werden können. „Es wäre mir lieb, wenn die Community sich Gedanken macht, wie man das machen kann,“ sagte Henseler-Unger bei einer Diskussionsrunde zum Thema Netzneutralität im Rahmen einer von der Heinrich Böll Stiftung und dem Verband Bitkom zum ersten Mal gemeinsam ausgerichteten netz:regeln-Dialog in Berlin.

Genaue Messungen seien notwendig, sagte Henseleler-Unger, denn Transparenzgebote nützten wenig, wenn man wenn man nicht wisse, worüber man eigentlich rede. Auch für bessere Messungen von Volumina wünschte sich die Expertin bessere Tools. Henseler-Unger sagte, sie hoffe auch für die weitere Diskussion von Volumentarifen im Mobilfunk mehr Ideen und Vorschläge von den Ausrüstern und Betreibern im Markt.

Schließlich forderte sie auch mehr Aufklärung über Deep Packet Inspection (DPI). „Ich weiß nicht, was da drin ist,“ sagte Henseler-Unger. Die ersten Entwürfe, die sie gesehen haben, hätten aber „klassisch diskriminierend“ ausgesehen. Spätere Entwürfe seien zwar „etwas offener gewesen“, dennoch könnten Probleme dadurch entstehen, dass die Wirkungsweise nicht transparent sei. Henseler-Unger sagte, man habe mit den US-Amerikanern an einem Strang gezogen, als es darum ging eine Standardisierung von DPI bei der Internationalen Fernmeldeunion in einen Standard zu gießen. Dahinter, so fürchtet sie, steckten ja letztlich noch ganz andere als technische Gründe.

Trotz zusätzlicher Arbeit in Richtung mehr Transparenz zeigte sich Henseler-Unger mit den bislang geplanten Änderungen im Telekommunikationsgesetz zufrieden, die Netzneutralität als Prinzip erstmals erwähnen, Transparenz erzwingen und die Möglichkeit einführen, Mindestqualitäten für den Datenverkehr festzulegen. Eine Verpflichtung zur Netzneutralität halte sie aktuell noch nicht für notwendig.

Die Hoffnung, dass Wettbewerb und damit der Markt die Anbieter in Deutschland und Europa ausreichend disziplinieren werde, gilt unter Experten allerdings als umstritten. Die frischgebackene Preisträgerin (PDF Datei) der Alcatel-Lucent-Stiftung und FCC-Gutachterin Barbara van Schewick verwies auf Verstöße gegen Netzneutralitätsregeln auf Grund wirtschaftlicher und politischer Strategien in Märkten wie den USA oder Kanada hin. Sie sagte am Rande der Preisverleihung in Stuttgart, es sei fünf vor zwölf für die Bewahrung des klassischen Internetprinzips und damit der Innovationskraft, die es ermögliche.

Überzeugt von der Notwendigkeit einer harten Regelung sind auch die Europäischen Grünen. Sie fällten heute bei ihrer Tagung in Tallin einen Beschluss, der die EU und deren Mitgliedsstaaten aufforderten, Netzneutralität gesetzlich zu verankern.

(as)