Obama auf der Hannover Messe: Völkerfreundschaft, virtuelle Handschläge und TTIP

Ein gut aufgelegter Obama testete bei seinem Messebesuch VR-Brillen, betonte die Bedeutung Europas und warb für das Freihandelsabkommen TTIP.

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Barack Obama

US-Präsident Obama beim Messerundgang.

(Bild: heise online/pmz)

Lesezeit: 4 Min.
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US-Präsident Barack Obama hat auf der Hannover Messe die Leistungsfähigkeit der amerikanischen Wirtschaft betont – und sich als Verkaufstalent gezeigt. "Buy made in America", sagte Obama schmunzelnd am Montag zu Beginn seines Rundgangs auf der Industrieschau.

Das war auch eine kleine Retourkutsche in Richtung Angela Merkel: Die Bundeskanzlerin hatte sich am Sonntag zur Eröffnung der Messe für bessere Handelsmöglichkeiten deutscher Unternehmen in den USA ausgesprochen: «Buy German ist auch schön.» Damit spielte sie auf bestehende US-Handelshürden für Importe an: Bei vielen Ausschreibungen sind US-Produkte zu bevorzugen.

Beim gemeinsamen Messerundgang kam es zum Händeschütteln im virtuellen Raum: Beim Aussteller ifm electronic haben US-Präsident Obama und Kanzlerin Angela Merkel am Montag auf der Hannover Messe die kleinste 3D-Kamera der Welt ausprobiert. Sie passt auch in Smartphones und misst, wie lange das Licht auf dem Weg zur Linse benötigt. Das erlaubt anders als bei gewöhnlichen Fotos ein Vermessen von Räumen, Gegenständen und Abständen.

Obama auf der Hannover Messe (13 Bilder)

"Buy made in America“, begann der US-Präsident seinen Messerundgang. (Bild: heise online/pmz)

Die 3D-Kameras speisen dann zum Beispiel Apps, mit denen die Nutzer daheim ihr Wohnzimmer scannen und später im Einrichtungshaus auf dem Handybildschirm sehen können, wie gut ein Möbelstück passen könnte. Auch Räume lassen sich über das Smartphone teilen, und Nutzer können mit VR-Headsets in das gemeinsame Zimmer eintauchen, auch wenn sie kilometerweit entfernt voneinander sind. Obama und Merkel setzten die Brillen bei ihrem Besuch in Halle 9 gleich einmal auf und schüttelten einander die Hände. "Schöne neue Welt", kommentierte der US-Präsident die Technik.

Knapp zwei Stunden schlendern US-Präsident Barack Obama und Kanzlerin Angela Merkel über die Hannover Messe. Anders als 2013, als fünf halbnackte Frauen mit schwarzen Lettern auf der nackten Brust auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin zustürmten, geht diesmal alles glatt. Obamas Sicherheit ist weder Zufall noch einfach: In unzähligen Stunden wurde ein Konzept entwickelt. Scharfschützen auf Dächern, Polizisten so weit das Auge reicht und natürlich auch zahlreiche Secret-Service-Mitarbeiter mit schicken Sonnenbrillen und Knopf im Ohr - die Messe als Hochsicherheitstrakt . Wie alle Orte, an denen Obama während seines Deutschlandbesuches auch nur kurz zu Gast ist.

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In einer Grundsatzrede nach dem Messerundgang hob Obama die Bedeutung einen starken Europas für die Weltpolitik hervor. "Ich überbringe die Freundschaft des amerikanischen Volkes", erklärt Obama nach dem Rundgang in seiner Rede. "Ich stehe im Herzen Europas, um Ihnen zu sagen, dass Amerika, dass die ganze Welt, ein zusammenstehendes Europa braucht. Und weiter: "Amerika steht zu Ihnen, bei jedem Schritt."

Transatlantisches Freihandelsabkommen TTIP

Seit Juli 2013 verhandeln EU und die USA über den Abbau von Handelshemmnissen im Rahmen eines Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP). Heftige Kritik kommt wegen mangelnder demokratischer Kontrolle sowie wegen Befürchtungen, Umwelt- und Gesundheitsstandards könnten abgesenkt oder untergraben werden.

Im Kampf gegen Terrorismus sind Sicherheit und die Achtung der Privatsphäre der Bevölkerung aus Sicht von US-Präsident Barack Obama kein Widerspruch. "Viele sind skeptisch, wenn Regierungen Daten austauschen", sagte er am Montag in einer Rede in Hannover. Er fügte aber hinzu: "Die Bedrohung durch den Terrorismus ist eine Realität." Und: "Wir können beides schützen" – Sicherheit und Privatsphäre. So habe er in den USA Überwachungsprogramme angepasst, um die Privatsphäre zu achten.

Sowohl Merkel als auch Obama nutzten die Gelegenheit, für das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP zu werben. Aus europäischer Perspektive sei es "sehr hilfreich", um die europäische und deutsche Wirtschaft wachsen zu lassen, betonte Merkel. Mit den Worten "Wir sollten uns sputen", sprach sie sich für einen schnellen Abschluss der Verhandlungen aus und dankte Obama für die Unterstützung bei TTIP.

Nach dem Messebesuch steht ein Treffen mit weiteren Regierungs-Chefs für den US-Präsidenten an: Der französische Staatspräsident François Hollande, der britische Premierminister David Cameron und Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi kommen mit Merkel und Obama auf Schloss Herrenhausen in Hannover zusammen. Um 16:30 wird der US-Präsident Hannover wieder verlassen. (Mit Material der dpa) / (axk)