Projekt Dragonfly: Google unterlief interne Kritik an China-Plänen

Bei der Vorbereitung einer Google-Suchmaschine für China unterband der US-Konzern angeblich intern Kritik an den Plänen. Der Protest wird nun lauter.

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Google

(Bild: dpa, Christoph Dernbach/Ilustration)

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Bei der Arbeit an einer Suchmaschine für China sorgten der für das dortige Geschäft verantwortliche Scott Beaumont und andere leitende Mitarbeiter dafür, dass für Sicherheit und Datenschutz verantwortliche Mitarbeiter bei wichtigen Meetings nicht anwesende waren. Das berichtet The Intercept unter Berufung auf den ehemaligen Google-Mitarbeiter Yonatan Zunger und weitere anonyme Quellen. Beaumont machte demnach deutlich, dass gewisse Fragen besser nicht gestellt werden sollten, während das Unternehmen auch sonst außergewöhnlich geheimniskrämerisch vorgegangen sei – aus Angst vor interner Opposition.

Das Onlinemagazin The Intercept hatte Googles China-Pläne im August öffentlich gemacht. Schon im kommenden Jahr will der US-Konzern demnach mit einer Suchanwendung unter dem Codenamen "Dragonfly" auf den chinesischen Markt zurückkehren. Den neuen Enthüllungen zufolge sollte das Projekt so lange wie möglich geheim gehalten werden. Beaumont wäre es demnach am liebsten gewesen, die Suchanwendung wäre erst am Tag ihrer Freigabe auch öffentlich bekannt geworden. So sollte interner und externer Widerstand verhindert werden. Damit ist er aber gescheitert, worüber er äußerst wütend gewesen sei. Eine Überprüfung der Datenschutzaspekte von Dragonfly sei unterlaufen worden.

Zunger, der 14 Jahre bei Google gearbeitet hat, bevor er das Unternehmen vergangenes Jahr verlassen hat, war demnach Teil der kleinen Gruppe, die bei Google an Dragonfly arbeitete. Schon in einem frühen Meeting seien sie darauf hingewiesen worden, dass Google mit einem chinesischen Partner kooperieren wollte. Das würde aber heißen, dass die Suchanfragen chinesischer Nutzer "für Chinas autoritäre Regierung leicht zugänglich" wären. Sollten sie Informationen suchen, die auf Betreiben der Regierung zensiert wird, riskierten sie Verhöre oder Gefängnis, warnte Zunger demnach. Anders als in anderen Staaten könnte Google sich gegen die Herausgabe der Daten auch nicht wehren.

Geplant war demnach eine App für Android und iOS, die den strikten Zensurbestimmungen Chinas unterworfen wäre. Die darüber getätigten Suchen wären nicht nur mit der Telefonnummer der Nutzer verknüpft, sondern auch mit dem von den Geräten bestimmten Standort. Es würde sich also um deutlich mehr als eine zensierte Suchmaschine handeln, auch wenn Google-Chef Sundar Pichai die Pläne unter dieser Prämisse verteidigt hat. Sein Unternehmen hatte bereits zwischen 2006 und 2010 eine zensierte Suchmaschine in China angeboten, diese aber nach Protesten zurückgezogen.

Wie Scott Beaumont es angeblich befürchtet hat, formiert sich nun nicht nur extern, sondern auch intern Widerstand gegen Googles Pläne. Nachdem Amnesty International den Konzern bereits zur Aufgabe von Dragonfly aufgefordert hat, äußern auch immer mehr Google-Mitarbeiter offen ihre Kritik. Ein entsprechender Blogeintrag hat in weniger als drei Tagen bereits mehr als 600 Unterstützer gefunden, die mit ihren Namen dagegen protestieren, Mächtigen mit eigener Technik bei der Unterdrückung der Verletzlichen zu helfen. (mho)