Regierungsberater: Digitalisierung muss nachhaltig werden

Wissenschaftler haben eine "Charta für ein nachhaltiges digitales Zeitalter" für die UN entworfen. Die Technik müsse dem Wohl aller dienen.

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Regierungsberater: Digitalisierung muss nachhaltig werden

(Bild: PopTika / shutterstock.com)

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Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung zu Globalen Umweltveränderungen (WBGU) drängt darauf, die Digitalisierung nachhaltiger zu machen. "Der globale digitale Wandel sollte so gestaltet werden, dass er die Umsetzung der Agenda 2030 mit ihren globalen Nachhaltigkeitszielen unterstützt", betonen die Experten. Bisher habe die einschlägige Technik wenig dazu beigetragen. Es könne aber nur gelingen, "Klima- und Umweltschutz sowie menschliche Entwicklung voranzubringen", wenn die Digitalisierung und die Transformation zur Nachhaltigkeit "konstruktiv verzahnt" würden.

Um ein "digitales Momentum für die UN-Nachhaltigkeitsagenda im 21. Jahrhundert" zu erzeugen hat der WBGU am Freitag ein gleichnamiges Politikpapier veröffentlicht und auf dem derzeit in New York tagenden Hochrangigen Politische Forum für Nachhaltige Entwicklung (HLPF) der Uno einen Entwurf für eine "Charta für ein nachhaltiges digitales Zeitalter" vorgestellt. Die angestrebte Grundsatzerklärung soll demnach "einen normativen Bezugspunkt" für den Wandel bilden, an die Agenda 2030 sowie die Erklärung der Menschenrechte anknüpfen und zugleich darüber hinausgehen.

Die Berater formulieren dafür Ziele und Grundsätze zum Schutz der Menschenwürde, der natürlichen Lebensgrundlagen, der Teilhabe und des Zugangs zu digitalen und vernetzten Infrastrukturen und Technologien sowie der "individuellen und kollektiven Entfaltungsfreiheit" im digitalen Zeitalter. Bei der Entwicklung von IT-Systemen und beim Aufbau von Kommunikationsnetzen sollen demnach "stets die ökologischen und sozialen Auswirkungen berücksichtigt" sowie die "planetarischen Leitplanken" eingehalten werden.

"Alle Staaten tragen zur Entwicklung digitaler Gemeingüter zum Kultur- und Naturerbe und zum weltweiten Wissensstand bei und gewährleisten deren Absicherung und allgemeine Zugänglichkeit über Generationengrenzen hinweg", heißt es in dem Entwurf. "Der Einsatz digitaler Technologie verpflichtet." Sein Gebrauch solle "zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen". Digitale Lösungen dürften nicht dazu benutzt werden, Menschen zu unterdrücken, anlasslos zu überwachen oder soziale Kontrolle auszuüben.

"Die Würde des Menschen ist auch im digitalen Raum unantastbar", betonten die Sachverständigen in der Skizze. "Alle Menschen haben das Recht auf digitale Identität, Souveränität, Datenschutz und Privatsphäre. Dazu gehört auch das Recht, sich der Digitalisierung im Privaten zu entziehen." Vorgesehen sind Transparenz-, Korrektur- und Löschansprüche zu privaten Informationen, wie sie etwa die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) bereits enthält.

Zu dem vorgesehenen Recht auf Entfaltungsfreiheit gehören laut dem Vorschlag etwa die informationelle Selbstbestimmung, die Meinungsfreiheit sowie "der Schutz von Minderheiten und vor Diskriminierung". "Gesellschaftlichem Druck zur Optimierung des menschlichen Körpers durch Technik" müsse entgegengewirkt werden. Alle Staaten und Unternehmen sollen "aktiv auf die Minimierung von Risiken für kritische Infrastrukturen" hinwirken. Sie seien verpflichtet, sich gegenseitig über Fehler und Sicherheitslücken zu informieren und letztere beheben zu lassen.

"Die Entscheidungssouveränität des Menschen beim Einsatz Künstlicher Intelligenz und algorithmenbasierter Automatismen in gesellschaftlichen Entscheidungsfindungsprozessen wird gewährleistet", heißt es in dem Entwurf weiter. Der Einsatz vollautomatisierter autonomer Waffensysteme müsse verboten werden. Cyber-Angriffe dürften allenfalls entlang der Genfer Konventionen zu kriegerischen Auseinandersetzungen und ihren Zusatzprotokollen durchgeführt werden. Zuvor hatte unter anderem Heiko Maas zu seinen Zeiten als Justizminister eine ähnliche "Charta der digitalen Grundrechte" ins Spiel gebracht. (vbr)