Schrems vs. Facebook: Der EuGH hat wieder das Wort
Der Rechtsstreit über die Übermittlung von Facebook-Nutzerdaten in die USA ist in der zweiten Runde – jetzt liegt die Entscheidung wieder beim EuGH.
Mit einer Anhörung ist am Dienstag vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) das Verfahren um die Übertragung der Daten europäischer Facebook-Nutzer in die USA fortgesetzt worden. Der EuGH muss sich nach seinem einschneidenden Urteil von 2015 erneut mit dem Fall beschäftigen, weil die für Facebook in Europa zuständige irische Aufsichtsbehörde Data Protection Commission (DPC) weiteren Klärungsbedarf hinsichtlich der Anwendung von EU-Recht sieht.
Weiter Streit um Facebook-Daten
Der österreichische Jurist und Aktivst Max Schrems hatte im Lichte von Edward Snowdens Enthüllungen über US-Geheimdienstaktivitäten 2013 gegen die Weitergabe von Facebook-Daten an die USA geklagt. Das Verfahren endete mit einem spektakulären Urteil des EuGH, das das Ende des "Safe Harbor" genannte Datenschutzabkommens zwischen der EU und den USA bedeutete. Die von der EU geschaffene Anschlussregelung "Privacy Shield" halten Schrems und mittlerweile auch das Europäische Parlament ebenfalls für nicht mit EU-Grundrechten vereinbar.
Nach dem Urteil vertrat die irische Datenschutzbehörde die Position, Facebooks Datenübermittlungen in die USA seien von jeher durch sogenannte Standard Contract Clauses (SCC) geregelt, mit denen nach EU-Datenschutzrecht Unternehmen und ihre Kunden oder Nutzer Datentransfers einvernehmlich regeln können. Schrems hatte daraufhin versucht, die irische Datenschutzaufsicht zu einer individuellen Entscheidung gegenüber Facebooks Datentransfers zu zwingen.
Facebook und die Geheimdienste
Die DCP hält sich dafür nicht für befugt. Die Behörde hält eine Datenübermittlung im Hinblick auf die US-Überwachungsgesetze zwar auch für europarechtlich problematisch, sieht in den SCC aber keine Handhabe für eine Intervention. Stattdessen müssten die SCC selbst grundsätzlich für ungültig erklärt werden. Schrems hält das für nicht nötig und sieht im geltenden Recht genug Handhabe für die Datenschützer, die Datenübertragungen in die USA zu unterbinden, erläuterte die von Schrems gegründete Organisation Noyb (None of your business).
Schrems argumentiert, die Enthüllungen von Edward Snowden hätten die direkte Zusammenarbeit von Facebook mit dem US-Geheimdienst National Security Agency (NSA) im Rahmen des Prism-Projekts klar werden lassen. Die massenhafte Überwachung von EU-Bürgern durch den oder die US-Geheimdienste verletzt nach Ansicht des Klägers deren Grundrechte.
Die Vertreter von Unternehmen, etwa der Verband Digital Europe, warnten bei der Anhörung vor schweren Konsequenzen für das Cloud-Computing. Das Ende des Internet sahen Facebook-Vertreter laut einem Tweet von Schrems gekommen. Und einmal mehr warnen US-Vertreter vor Versuchen der EU, exterritorial ihre Datenschutzbestimmungen gegen Drittstaaten durchzusetzen. Doch Schrems sieht sich in Teilen sogar auf einer Linie mit den Unternehmensvertretern: Auch sie wollen die SCC als mögliche Grundlage für den Datenverkehr erhalten.
Breyer fordert Neuregelung
Europa sollte hart bleiben, sagte der frisch gebackene Europa-Abgeordnete der Piraten, Patrick Breyer, gegenüber heise online. Datentransfers in die USA seien generell problematisch, das gelte für vertraglich geregelte Transfers genauso wie für Übermittlungen nach dem "Privacy Shield“-Abkommen. Das Problem der verdachtsunabhängigen, massenhaften Ausspähung und Überwachung bestehe fort und von "gleichwertigen Datenschutzniveaus“ sei man weit entfernt.
Daher müsse neu verhandelt werden, fordert Breyer. Schon vor knapp einem Jahr hat das EU-Parlament die Kommission aufgefordert, das "Shield“ auszusetzen. Zu dem möglichen Schaden für die Wirtschaft sagte Breyer, dass letztlich die lokale IT-Branche ein Gewinner sein könne. Das Privacy Shield "funktioniere praktisch“, sagte hingegen ein Kommissionsvertreter am Dienstag in Brüssel. Seit dem zweiten Jahresbericht zur Umsetzung, in dem noch Verbesserungen von den USA gefordert wurden, habe die US-Seite den lange zugesagten Ombudsmann benannt.
Der in der Sache zuständige Generalanwalt, Henrik Saugmandsgaard Øe, will am 12. Dezember seinen für die Richter nicht verbindlichen Vorschlag vorlegen. Die Entscheidung des Gerichts wird für Anfang 2020 erwartet. (axk)