Urheberrecht: FragDenStaat darf Glyphosat-Gutachten wieder veröffentlichen
Das Landgericht Köln hat wegen Formfehlern eine einstweilige Verfügung gegen FragDenStaat aufgehoben, die Behördenanalyse zu Krebsrisiken ist wieder online.
Etappensieg für FragDenStaat: Die Betreiber der Plattform dürfen das Glyphosat-Gutachten des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) zunächst wieder offiziell veröffentlichen. Dies hat das Landgericht Köln am Donnerstag entschieden und dabei eine einstweilige Verfügung aufgehoben, die die 14. Zivilkammer auf Antrag der dem Bundeslandwirtschaftsministerium nachgeordneten Behörde im April zunächst erlassen hatte.
Die BfR-Einschätzung zu Krebsrisiken des Unkrautbekämpfungsmittels können Interessierte so – zumindest vorübergehend – wieder online nachlesen, ohne selbst die Herausgabe des Dokuments auf Basis des Informationsfreiheitsgesetzes beantragen zu müssen. Der dem Fall zugrundeliegende Urheberrechtsstreit ist aber noch nicht entschieden: Die Richter kassierten die frühere Anordnung aufgrund von Unachtsamkeiten der gegnerischen Anwälte der Kanzlei Gleiss Lutz. Deren fünfmal zugestellte Abmahnschreiben wiesen alle formale Fehler in den Stempeln oder Unterschriften auf.
Abmahngefahr!
Das Urteil des Landgerichts ist noch nicht rechtskräftig, das BfR könnte noch dagegen in die Berufung gehen. Über die Grundfrage, ob eine öffentliche Stelle das Urheberrecht in Stellung bringen kann, um ein prinzipiell freigegebenes Papier aus dem Netz zu verbannen, soll laut FragDenStaat aber in Berlin entschieden werden. Die Aktivisten hatten dort am Landgericht schon im März eine "negative Feststellungklage" eingereicht, um die Rechtslage von ihrer Seite aus klären zu lassen. Da bis dahin nach wie vor eine Abmahngefahr bestehe, raten sie Dritten aktuell noch davon ab, das Gutachten auf eigenen Webseiten zu veröffentlichen.
Das BfR sieht in der Publikation einen Verstoß gegen das Urheberrechtsgesetz. Inhaltlich hatten sich die Kölner Richter zunächst hinter diese Ansicht gestellt, da es bei der Veröffentlichung nicht um eine aktuelle Berichterstattung "im Verlauf eines Tagesereignisses" gehe und das exklusive Verwertungsrecht der Behörde daher Vorrang habe. Für Arne Semsrott von FragDenStaat zeigt der Prozess schon jetzt, "dass das deutsche Urheberrecht dringend reformiert werden muss". Der Gesetzgeber sollte deutlich machen, "dass amtliche Dokumente wie das Glyphosat-Gutachten grundsätzlich gemeinfrei sind". Sonst könne das Urheberrecht für Zensur missbraucht werden. (anw)