Verfassungsbeschwerde gegen Kfz-Kennzeichen-Scanning durch die Bundespolizei
Der Piratenpolitiker Patrick Breyer hat wegen der neuen Befugnis der Bundespolizei zum Massenabgleich von Nummernschildern das Bundesverfassungsgericht angerufen. Er sieht in der Klausel auch einen Türöffner zur Gesichtserkennung.
Das Scanning von Kfz-Kennzeichen wird wieder ein Fall für das Bundesverfassungsgericht. Diesmal geht es um die Bundespolizei, die zur Gefahrenabwehr und Strafverfolgung "im öffentlichen Verkehrsraum vorübergehend und nicht flächendeckend die Kennzeichen von Fahrzeugen ohne Wissen der Person" automatisch erheben und "mit dem Fahndungsbestand" abgleichen kann. Die Beamten sollen so vor allem die Grenzsicherheit gewährleisten.
Der Bundestag erweiterte im März vorigen Jahres das Bundespolizeigesetz, zwei Monate später trat der neue Paragraf 27b in Kraft. Fristgerecht hat der schleswig-holsteinische Themenbeauftragte für Datenschutz der Piratenpartei, Patrick Breyer, gegen die Klausel jetzt Verfassungsbeschwerde eingereicht. Er sieht unter anderem sein allgemeines Persönlichkeitsrecht sowie die Grundrechte auf informationelle Selbstbestimmung und auf effektiven Rechtsschutz verletzt.
"Ăśberwachungsstaat droht"
Prinzipiell könne jedes Fahrzeug von Bundespolizei erfasst werden, führt Breyer aus, betroffen sein dürften aber vor allem Personen wie er, die in Grenznähe unterwegs seien. Der Massenabgleich erfolge "ohne jeden konkreten Anlass". Was mit den erhobenen Daten geschieht, sei nicht erkennbar. Ebenso wenig transparent sei, "ob ein Kennzeichen in einer polizeilichen Datei ausgeschrieben ist oder wird". Wer damit rechnen müsse, dass sein Auto etwa auf dem Weg zu einer Demonstration erfasst werde, "wird unter Umständen darauf verzichten, von seinem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit Gebrauch zu machen", schreibt Breyer.
Hielte man den routinemäßigen Einsatz von Erkennungssystemen für verfassungskonform, könnten künftig alle Passanten an Kontrollstellen auch automatisiert mit biometrischer Gesichtsfelderkennung und kontaktlosen Funkchips systematisch mit dem Fahndungsbestand abgeglichen werden. Breyer sieht im Kfz-Kennzeichen-Scanning so auch einen "Türöffner" für die biometrische Gesichtserkennung, wie sie die Bundespolizei in Berlin bereits erprobe, erklärte er gegenüber heise online.
Beim Bundesverfassungsgericht sind auch noch Verfassungsbeschwerden gegen Landesgesetze zum Kfz-Kennzeichen-Scanning in Bayern, Hessen und Baden-Württemberg anhängig, über die die Karlsruher Richter in diesem Jahr entscheiden wollen. 2008 hatten sie bereits die damals in Hessen und Schleswig-Holstein praktizierte massenhafte automatische Erfassung von Nummernschildern für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt, das Instrument an sich aber nicht verworfen. (anw)