Verfassungsschutz: Internet-Chats und die Spielszene stärker beobachten
In Chaträumen sind auch "normale Nutzer" gefragt, wenn rechtsextreme Äußerungen fallen, findet der Verfassungsschutz und beginnt erneut die Killerspiel-Debatte.
Bei der Beobachtung der rechtsextremistischen Szene will der Berliner Verfassungsschutz das Internet noch stärker als bisher ins Visier nehmen. "Rechtsextremisten nutzen die Kommunikationsmittel, die das Internet schon länger zur Verfügung stellt, intensiver als früher, um ihre Agitation und Propaganda abzusondern. Da müssen wir sehen, wie wir da besser rankommen", sagte der Chef des Berliner Verfassungsschutzes, Michael Fischer, der Deutschen Presse-Agentur.
Das Internet sei neben der realen Welt ein weiterer Raum, in dem der Verfassungsschutz seine Arbeit fortsetze. "Da muss man präsent sein als Beobachter. Und sich auch mit den aktuellen Spielen, die einen Gewaltbezug haben, mit Ego-Shooter-Spielen etwa, auseinandersetzen", sagte Fischer.
Die "Internet-Spielszene"
Am 9. Oktober hatte ein Attentäter in Halle vergeblich versucht, sich mit Waffengewalt Zutritt zu einer Synagoge zu verschaffen. Er erschoss eine Passantin und einen Mann in einem Döner-Imbiss. Der Attentäter, der in der Internet-Spielszene aktiv war, veröffentlichte einen Bekennertext mit antisemitischen und rechtsextremen Motiven.
Fischer räumte ein, seine Behörde müsse "sicherlich noch stärker personenzentriert arbeiten als wir das sowieso schon getan haben". Die Nutzer hinterließen durchaus ihre Spuren. "Trotz anonymer Namen lassen sich auch im Internet Extremisten identifizieren", sagte er. "Diese Menschen sind nicht alle nobelpreisverdächtig. Manche sind da offenbar einfach gestrickt und stellen zum Beispiel Hinweise auf Namen oder Orte ein."
Das Innenministerium wehrt sich gegen Kritik, nachdem Seehofer gefordert hatte, Gamer nach dem Terroranschlag von Halle stärker in den Blick zu nehmen.
"Kein Unterschied zwischen Stammtisch und Chatraum"
Der Verfassungsschutzchef, der seit einem Jahr im Amt ist und zuvor in Schleswig-Holstein arbeitete, appellierte "an die Verantwortung jedes Einzelnen" in der Gesellschaft. "Wenn zwei, drei oder vier Leute miteinander chatten und jemand äußert rechtsextremistische Parolen, sehe ich den Unterschied zwischen dem Stammtisch und einem solchen Chatraum nicht", betonte er. "Warum gehen dann andere Chatter nicht hin und sagen: hier hat der User sich so geäußert. Ich glaube, das muss man von einer aufgeklärten Nutzercommunity im Internet erwarten. Da darf sich keiner in die Anonymität zurückziehen."
Die Zusammenarbeit von Polizei und Verfassungsschutz lasse sich noch verstärken, meinte Fischer. Es gebe inzwischen ein gemeinsames Informations- und Bewertungszentrum für das Thema. "Wir versuchen, die Personen, die relevant sind in der Szene und die sich möglicherweise radikalisieren, gemeinsam zu bewerten." Dabei seien schon Informationen zusammengeführt und konkrete Maßnahmen vereinbart worden, die sonst nicht gekommen wären. "Aber vielleicht können wir da noch mehr machen", sagte er, ohne Details zu nennen. (bme)