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Westworld VR und Star Trek: Bridge Crew - Narration in der virtuellen Realität

In der virtuellen Realität erlebt man Geschichten aus der Ich-Perspektive und kann sogar Einfluss auf die Erzählung nehmen. Dabei gilt es, den richtigen Grad zwischen Interaktion und Scripting zu finden - und neue Wege zu gehen.

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Westworld VR und Star Trek: Bridge Crew - Narration in der virtuellen Realität

Jay Posey ist für die Erzählung in Star Trek: Bridge Crew verantwortlich.

Lesezeit: 4 Min.

Westworld VR nimmt den Spieler mit auf eine kurze, aber intensive Reise. Die VR-Installation beginnt in der echten Welt: Der Spieler wird von Schauspielern begrüßt und in einen Raum geführt. Dort setzt er eine VR-Brille auf – und wird entrückt in die Wildwest-Welt der Serienvorlage mit Cowboys, Sheriffs und Revolvern. Hier darf er sich eine Weile wie in anderen VR-Spielen austoben, bis er abrupt aus dem Spiel gerissen wird und stattdessen einen 360-Grad-Film vorgeführt bekommt, der das Geschehen weiterführt

Westworld VR verbindet verschiedene Erzähl-Plattformen - VR-Spiel, 360-Grad-Film und Interaktion mit echten Schauspielern.

Colin Foran von HBO hat die Entwicklung dieses VR-Experiments geleitet, auf der GDC erzählt er von seinen Erfahrungen. Für ihn war die Herausforderung reizvoll, die richtige Abstimmung zwischen Interaktion und Linearität zu finden. Zu verschiedenen Zeitpunkten des Erlebnis hat der Spieler ganz unterschiedliche Möglichkeiten, in das Geschehen einzugreifen: Zu Beginn ist er in der Realität, darf sich also völlig frei bewegen und verhalten. Im VR-Spiel kann er zumindest eingeschränkt in das Geschehen eingreifen, Dialoge führen und zielen. Im späteren Verlauf kann er dann nichts Weiteres tun, als die voraufgenommene Filmsequenz über sich ergehen zu lassen.Westworld VR besteht aus drei Abschnitten, die alle eine unterschiedliche narrative Erfahrung hervorrufen. Funktioniert das?

Die Rückmeldung der Teilnehmer, die etwa zehnminütige Installation durchlaufen konnten, war laut Foran sehr positiv. Die Spieler hätten die erzählte Geschichte trotz der Präsentationssprünge gut verstanden. Man kann demnach verschiedene Formen des Erzählens zu einem umfassenden Erlebnis zusammenführen, wenn man sich selbst die richtigen Einschränkungen auferlegt.

Foran und sein Team entschieden sich etwa dazu, den Revolver in der Spiel-Sequenz automatisch mit neuen Kugeln zu füllen, das Nachladen also nicht dem Spieler zu überlassen. Eine solche Mechanik hätte Spieler, die keine Gaming-Erfahrung haben, irritiert und aus dem Erlebnis gerissen, meint Foran. Die Story steht an erster Stelle, die Spielmechanik tritt in den Hintergrund. Wichtig sei auch, den Nutzer zu beschäftigen. „Gelangweilte Nutzer finden fehlerhafte Interaktionen. Gebt ihnen was besseres zu tun.“

Star Trek: Bridge Crew ist ein Spiel im klassischeren Sinn. Der Spieler schlüpft in die Rolle eines Crew-Mitglieds an Bord eines Raumschiffs, die anderen Plätze werden ebenfalls von echten Personen eingenommen. Gemeinsam löst die Crew Aufgaben, indem sie kooperiert und Entscheidungen trifft. Einen großen Teil der Spielerfahrung haben die Spieler also selbst in der Hand.

In Star Trek: Bridge Crew bestimmen die Spieler durch ihre Interaktion selbst die Spielerfahrung - in einem erzählerischen Rahmen.

Jay Posey von Ubisoft ist dafür verantwortlich, den narrativen Rahmen für Bridge Crew zu stricken. Dabei machte er Entdeckungen über die erzählerischen Eigenheiten der virtuellen Realität: Das Pacing ist zum Beispiel anders. Viele Spieler verweilten demnach minutenlang im Hauptmenü, das eine Shuttle-Fahrt zu einem Star-Trek-Raumschiff zeigt. Manche sollen dabei sogar die VR-Brille abgesetzt haben, weil sie Tränen in den Augen hatten.„In der VR genügt es manchmal schon, einfach ins All zu schauen“, schließt Posey. Man muss den Spielern die Zeit geben, diese Erlebnisse voll auszukosten.

Wie die Serienvorlage ist die Erzählweise bei Star Trek: Bridge Crew ebenfalls episodisch ausgelegt. Jede Mission des Mehrspieler-VR-Titels wird von einer kurzen Render-Filmszene eingeleitet. „Solche Cinematics kennen wir schon seit Jahren. Unsere Erfahrungen zeigen, dass sie in der virtuellen Realität sogar noch besser funktionieren, als in klassischen Spielen.“ Warum das so ist, weiß Posey noch nicht ganz recht. Überhaupt sieht er den aktuellen Stand der VR-Erzählweisen erst in den Kinderschuhen. „Wir fangen gerade erst an, die Möglichkeiten zu entdecken. Da könnte noch viel verrücktes Zeug kommen.“ (dahe)