Zahlen, bitte! 9.500.000 Dollar teure Mond-Spazierfahrten

Das erste Elektro-Cabrio schoss die NASA und nicht Elon Musk ins All: Das Lunar Roving Vehicle erhöhte die Bewegungsfreiheit der Astronauten auf dem Mond enorm.

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Zahlen,, bitte! 9.500.500 Dollar für Mond-Spazierfahrten
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Inhaltsverzeichnis

Am 16. Juli 1969 war es soweit: Apollo 11 brach zur ersten Mondlandung auf - und am 20. Juli landete die Mondfähre Eagle mit Neil Armstrong und Buzz Aldrin auf dem Mond, während Michael Collins in der Apollo-Kapsel den Mond umkreiste. Am 21. Juli setzte dann Neil Armstrong als erster Mensch seinen Fuß auf den Mond. In einem Schwerpunkt zur Mondlandung beleuchtete heise online die Ereignisse rund um die Apollo-Missionen.

Vierradantrieb, eine Zuladung von mehr als dem Doppelten des Eigengewichts und immerhin 92 Kilometer Reichweite - das Lunar Roving Vehicle (LRV), welches erstmals mit Apollo 15 am 30. Juli 1971 via Saturn V - Rakete zum Mond flog, könnte auf den ersten Blick als reinrassiges Elektroauto einen Pendler glücklich machen. Jedoch gibt es einige Schönheitsfehler: Die Batterien waren nicht wiederaufladbar; mit 9,5 Millionen Dollar Kosten pro Einmal-Auto war das LRV auch kein Schnäppchen und überhaupt wäre es auf der Erde keinen Meter gefahren. Um den Mond-Einsatzbereich der Astronauten von Apollo 15, 16 und 17 zu vergrößern, war es aber das ideale Vehikel!

Zahlen, bitte!

In dieser Rubrik stellen wir immer dienstags verblüffende, beeindruckende, informative und witzige Zahlen aus den Bereichen IT, Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Politik und natürlich der Mathematik vor.

Das Lunar Roving Vehicle neben der Landefähre "Falcon" während der Apollo 15 Mission.

(Bild: NASA)

Erste Entwürfe des Mondautos gingen auf den deutschen Ingenieur Georg von Tiesenhausen zurück. Er war im zweiten Weltkrieg im Team um Wernher von Braun an der Entstehung der V2-Rakete beteiligt und wurde 1953 in von Brauns US-Raketenentwicklungsteam und später in die NASA geholt. Bereits 1959 überraschte er mit seinem Konzept seine Vorgesetzten, die zu dem Zeitpunkt wenig begeistert von einem Mondmobil waren.

Durch Kennedys kühne Ankündigung 1961, bis zum Ende des Jahrzehnts zum Mond zu fliegen, sollte sich diese ablehnende Haltung grundlegend ändern. Letztlich wurde das von Tietenhausen entwickelte Konzept zu großen Teilen umgesetzt. Den Entscheidern war klar, dass sie für spätere Missionen ein Fahrzeug brauchten, da die Astronauten zu Fuß nur einen begrenzten Radius um die Landestellen erforschen konnten. Mit einem Mondfahrzeug ließen sich sowohl die Reichweite massiv vergrößern und mehr markante Landmarken anfahren als auch größere Gesteinsproben zum Landemodul transportieren. Dennoch dauerte es bis 1967, bis der Startschuss zur Entwicklung gegeben werden konnte - vorher war man mit der Entwicklung der Apollo-Missionen selbst ausgelastet.

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Das Fahrzeug sollte dabei leicht und zusammenklappbar sein, aber auch zwei Astronauten mitsamt Ausrüstung transportieren können, Zudem sollte es noch genug Zuladung haben, um Gestein aufladen zu können. Unter der Leitung des in Ungarn geborenen Ferenc Pavlics entstand das zum größten Teil aus Aluminium gefertigte Mondfahrzeug, was in den USA schnell den Spitznamen "Moon Buggy" erhielt.

Hinter dem Mondhügel links und zurück - das Lunar Roving Vehicle (9 Bilder)

Commander David R. Scott (rechts) und James B. Irvin bei letzten Tests im Juni 1971 auf der Erde. Anstatt der echten Rovers mit seinen filigranen Rädern handelt es sich um ein Demonstrationsmodell mit Luftreifen, da die Konstrukteure das reale Lunar Rover Vehiecle für die Bedingungen von 1/6 der Erdschwerkraft auslegten und dementsprechend das Fahrzeug bei Erdbelastung nicht fahrfähig wäre.
(Bild: NASA)

Der Rover hatte eine Masse von nur 210 Kilogramm, konnte aber mit 490 Kilo mehr als das Doppelte seiner eigenen Masse tragen. Die Zuladung war aber auch notwendig, da die beiden Astronauten mit Ihren Anzügen bereits 353 Kilo auf die Waage brachten. Und neben der Ausrüstung sollte ja auch noch Mondgestein kutschiert werden.

Pavlics war im Übrigen auch der Konstrukteur der genialen Stahldrahtkonstruktion der 81 Zentimeter hohen und 23 Zentimeter breiten Reifen, die einerseits durch die flexible Bauweise Elastizität, andererseits durch die v-förmigen kleinen Titanprofile genügend Grip auf dem schwierigen Monduntergrund erzeugten; sie arbeiteten perfekt für ihre Aufgabe. Angetrieben wurde jedes Rad durch einen eigenen 180 Watt starken Elektromotor, der bis zu 0,24 PS bereitstellte. Das Drehmoment wurde über ein Harmonic-Drive-Wellengetriebe auf die Räder abgegeben mit einer Untersetzung von 80 zu 1.