Designerstück

Das dünnste Notebook der Welt will Apple auf den Markt gebracht haben. Doch das Fehlen von Schnittstellen und einem optischen Laufwerk nötigt dem Anwender Kompromisse ab.

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Das dünnste Notebook der Welt will Apple auf den Markt gebracht haben, noch dazu eines mit Drahtlos-Technik, energiesparenden Bauteilen und Doppelkern-Prozessor. Doch das Fehlen von Schnittstellen und einem optischen Laufwerk nötigt dem Anwender Kompromisse ab.

Mit weniger als zwei Zentimetern an der dicksten Stelle ist das elegante Aluminium-Gehäuse des MacBook Air wirklich erstaunlich dünn. Dieser Eindruck verstärkt sich noch durch die Abflachung der Unterschale zum Rand hin. Die Meinungen über das Design gehen erstaunlich wenig auseinander: Fast alle finden das MacBook Air richtig schick.

Das Volumen des gesamten Gehäuses ist grob gerechnet nicht größer als ein Liter, während das klassische MacBook über zwei Liter ausfüllt. Durch die Diagonale des Bildschirms von 13,3 Zoll bleiben die Grundflächen beider Notebooks aber gleich groß. Der Deckel des Air ist dabei mit 6 Millimeter auch dünner als beim klassischen MacBook (9 Millimeter). Das liegt an der platz- und energiesparenden LED-Hintergrundbeleuchtung, wie man sie auch vom MacBook Pro schon kennt. Eine iSight-Kamera hat trotzdem noch Platz darin gefunden. Auch das Netzteil ist deutlich leichter, allerdings mit 45 statt 60 Watt auch weniger leistungsstark und damit langsamer beim Aufladen des Akkus.

Das leicht spiegelnde Display mit 1280 × 800 Pixeln produziert ein erstaunlich helles (322 cd/m²) und kontrastreiches (880:1) Bild. Für ein Notebook-Panel in der eher preiswerten Twisted-Numatic-Bauweise ist es recht blickwinkelstabil, besonders in der Horizontalen (bis 60 Grad). Weiß wirkt ab 40 Grad jedoch etwas grünstichig. Schaut man von unten auf das Display, wird das Bild TN-typisch schon recht früh dunkler. Rot hat zudem unabhängig vom Blickwinkel einen minimalen Orange-Stich. Insgesamt hinterlässt das 13,3-Zoll-Display einen guten Eindruck und hält dank der enormen Helligkeit genügend Reserven gegen Alterungen und Sonneneinstrahlung bereit.


Das TN-Panel des MacBook Air zeigte sich vergleichsweise winkelunabhängig, nur nach unten hin werden die Farben schnell dunkler. Vergrößern

Die Tastatur kombiniert ebenfalls bekannte Elemente: Die bei dunkler Umgebung automatisch einsetzende Beleuchtung kennt man vom MacBook Pro, die Tastenform und das gute Tippgefühl vom MacBook. Das Trackpad ist in beide Richtungen um einen halben Zentimeter vergrößert, die Taste dabei auf etwa die Hälfte verkleinert worden. Neben dem bereits von anderen Apple-Notebooks bekannten Scrollen und Rechtsklicken mit zwei Fingern kann man nun wie beim iPhone mit Gesten wie Spreizen oder Drehen auch Inhalte Zoomen und Rotieren. Außerdem lässt sich durch Wischen mit drei Fingern vor- und zurückblättern. Bisher funktioniert das nur in Apple-Applikationen wie Safari, Vorschau oder iPhoto.

Unter einer robusten Klappe sitzen etwas beengt die drei Anschlüsse für USB, Kopfhörer und Micro DVI. Für letzteren liegen VGA- und DVI-Adapter bei. Auf FireWire, Ethernet, Audio-In, digitalen Ton oder Erweiterungsschächte hat Apple verzichtet. Für den USB-Port verkauft Apple jedoch einen optionalen Ethernet-Adapter (19 Euro) und einen externen DVD-Brenner (99 Euro), der seinen Strom über USB bezieht. Er arbeitete im Test als einziges nicht an einem Hub – auch nicht an einem aktiven mit eigenem Netzteil und ebenso wenig an anderen Macs. Da FireWire fehlt, muss man auch auf den Target-Disk-Modus verzichten, unter dem sich ansonsten die Festplatte auch ohne Booten des Betriebssystems ansprechen ließe.

Doch Apple hat für Ersatz gesorgt: Programme von CD oder DVD kann man erstmals von anderen Macs oder gar Windows-Rechnern im gleichen Netzwerk installieren. Man muss dort vorher nur Apples Sharing-Software Apple Remote eingerichtet haben, die auf der Installations-DVD für Mac und PC bereitliegt. Im Test funktionierte das Übertragen der Dateien und Einstellungen von einem anderen Mac mit Hilfe des von Apple netztauglich gemachten Migrationsassistenten und sogar das Zurücksetzen des Kennworts von einem PC aus – jeweils mit WPA verschlüsselt. Auf diese Weise kann man im Falle eines Falles sogar ein frisches Mac OS X 10.5.1 installieren, das System von einem Time-Machine-Back-up wiederherstellen oder den Hardware-Test von Apple laufen lassen. Wer kein Draft-N-WLAN hat, wird bei diesen Fernzugriffen allerdings auf eine gehörige Geduldsprobe gestellt. Apple selbst empfiehlt für die Migration eine Kabelverbindung. Zum Brennen, um manche kopiergeschützte Film-DVDs, Programme und Spiele nutzen zu können oder Windows mittels Boot Camp zu installieren, braucht man das externe Laufwerk.

Spezial-CPU

Im MacBook Air kommt eine neue Variante von Intels Core 2 Duo zum Einsatz: eine mit 1,6 oder 1,8 GHz laufende Low-Voltage-Version mit 4 MByte L2-Cache (Merom), die direkt auf die Platine gelötet ist. Sie sitzt in einem um 60 Prozent kleineren Gehäuse, das Intel eigentlich erst mit den 45-nm-Varianten (Penryn) einführen wollte.


Bei Betrachtung von der Seite sieht man den asymmetrischen Querschnitt. Die mit 1,94 cm dickste Stelle liegt etwa auf Höhe der Zifferntasten. Vergrößern

Der Arbeitsspeicher besteht aus zwei verlöteten 1-GByte-Modulen und lässt sich nicht erweitern. Das ist jedoch nicht weiter tragisch, da sich damit Mac OS X 10.5 zusammen mit einer Handvoll Programme komfortabel betreiben lassen.

Performance

Wie bei der Taktrate zu erwarten, fällt das langsamere MacBook Air mit 1,6 GHz bei allen prozessorlastigen Aufgaben deutlich hinter andere aktuelle Apple-Notebooks zurück und kann einigen lediglich wegen seiner moderneren Chipsatzgrafik vom Typ GMA X3100 bei 3D-Ballerspielen etwas vormachen. Mit 9 Frames pro Sekunde ist Doom aber immer noch nicht spielbar.

Die nur fünf Millimeter dicke 1,8-Zoll-Festplatte von Samsung überraschte bei unseren Messungen mit über 30 MByte/s Transferrate, aktuelle 2,5"-Laufwerke übertragen allerdings über 50 MByte/s. In der Praxis bremst die vom kleinen iPod-Classic bekannte Festplatte manche Programme merklich: So brachte der plattenlastige Photoshop-Benchmark besonders schlechte Ergebnisse. Dass Apple sich für eine derart kleine Festplatte entschieden hat, ist wieder ein Zugeständnis an das Volumen: Das 120-GByte-Modell von Samsung ist bereits acht Millimeter dick. Die optionale Flash-Festplatte dürfte deutlich kürzere Zugriffszeiten bei ähnlichen Transferraten erreichen. Mit 900 Euro Aufpreis bei etwas geringerer Kapazität (64 GByte) wird sie aber wohl ohnehin nur wenige Käufer reizen. Beide Festplatten wiegen übrigens gleich viel.

Der Lithium-Polymer-Akku lieferte trotz seiner vergleichsweise geringen Kapazität von 37 Wh bei gedimmter Helligkeit (100 cd/m2) und geringer Beanspruchung Energie für satte 5,75 Stunden Betrieb. Das ist eine genauso lange Zeit wie beim 2,2-GHz-MacBook mit 55-Wh-Akku. Bei voll aufgedrehter Hintergrundbeleuchtung hielt das MacBook Air dank der LED-Technik noch gute 4,15 Stunden. Da der Akku fest verbaut ist, kann man ihn nicht ohne Weiteres selbst wechseln. Die Apple-Werkstatt verlangt für den Austausch eines defekten Stromspenders 139 Euro. Andere Hersteller haben bereits angekündigt, ebenfalls Tauschakkus anzubieten.

Beim normalen Betrieb war kein Lüftergeräusch auszumachen, bei fast allen Benchmarks setzte jedoch ein nicht unangenehmes, aber unüberhörbares Rauschen (1,3 Sone) ein. Der eingebaute Monolautsprecher strahlt seinen Schall nach unten ab und klingt zur Musikwiedergabe nicht gut genug.

Windows

Von dem externen DVD-Brenner ließ sich Windows problemlos aufspielen, die Boot-Camp-Treiber liegen auf den Installations-DVDs bereit. Alle Komponenten liefen im Test unter XP – nur nicht der externe Ethernet-Adapter. Auch die Software-Aktualisierung fand keine passenden Treiber. Das Installationspaket, das eine Anwenderin unter dem Pseudonym tnkgrl aus anderen Treibern zusammengerührt hat, funktionierte jedoch.


Das Mainboard des MacBook Air mit Core-2-Duo-CPU hat Apple auf der Fläche einer Tafel Schokolade untergebracht. Der extrem flache Akku reicht fast über die gesamte Breite. Vergrößern

Auch bei den XP-Benchmarks war das MacBook Air nicht gerade der Renner. Die besonders schlechten Ergebnisse der Festplatte unter Windows sind darin begründet, dass diese Partition am inneren Rand der Speicherscheiben liegt.

Fazit

Ohne Zweifel ist das MacBook Air wegen seines außergewöhnlichen Designs und dem geringen Gewicht ein attraktives Gerät mit hohem "Haben-wollen-Faktor". Doch die kompakte Bauform drückt auf die Ausstattung und Leistung: Die bei allen Sub-Notebooks nicht gigantische Prozessor-Performance ist dabei eigentlich kein Problem, die bremsende 1,8-Zoll-Platte schon eher. Ob man das Fehlen von Schnittstellen und eingebautem DVD-Laufwerk verschmerzen kann, muss jeder für sich entscheiden.

Wer hier auf nichts verzichten will, sollte sich lieber ein (zudem noch günstigeres) MacBook kaufen – und 900 Gramm mehr mit sich herumschleppen. Käufer des Air-Modells werden diejenigen Mac-Anwender sein, die das schicke Design, die robuste Verarbeitung und das geringe Gewicht zu schätzen wissen, etwa weil sie ihr Notebook ständig bei sich führen oder ein wirklich leichtes Zweitgerät mit großem Bildschirm suchen. Es gibt zwar dünnere Laptops, auch leichtere sogar mit DVD-Laufwerk, diese Subnotebooks sind allerdings nicht mit einem zeitgemäßen 13,3-Zoll-Display mitsamt Full-Size-Keyboard ausgerüstet. (jes)

Literatur
[1] Jörg Wirtgen, Das Apple MacBook Air im Kreis der Konkurrenz, www.heise.de/mobil/newsticker/meldung/101881


MacBook Air
HerstellerApple
SpezifikationIntel Core 2 Duo, 1,6 GHz, 2 GByte RAM, Display 13,3"-LCD (1280 × 800 Pixel), Grafik-Chipsatz Intel GMA X3100, 80 GByte HDD (optional 64 GByte Flash-Speicher, Aufpreis 900 EUR), WLAN (802.11b/g), iSight-Kamera
SchnittstellenMini-DVI-Out, Kopfhörer, USB 2.0, DVI, S-Video, Bluetooth 2.1+EDR
Gewicht / Größe1,37 kg, 32,5 cm × 22,7 cm × 1,94 cm
Preis1700 EUR