Enpal verunsichert Solar-Kunden
Wer mit einem Geschäftspartner eine Solaranlage stemmt, möchte sich auf den anderen verlassen können. Bei Enpal kann es damit aber schon mal hapern.

- Tim Gerber
Dies ist ein Beitrag aus unserer Magazin-Rubrik Vorsicht, Kunde!, der erstmals am 2.5.2024 in c't 10/2024 erschienen ist.
Christian B. und seine Frau liebäugelten schon länger damit, eine Solaranlage auf dem Dach ihres Häuschens im sonnigen Breisgau bauen zu lassen. Allerdings scheute Christian B. den Aufwand und fürchtete Ärger mit den Handwerkern. Da kam ihm ein Angebot der Firma Enpal gerade Recht, das ihm am 8. Dezember in Form eines Werbeschreibens in den Briefkasten flatterte. Sofort begab er sich ins Internet und suchte die Webseite der Firma auf. Dort wurde er durch einen Dialog mit einigen Angaben geführt und bereits wenige Minuten später erhielt er einen Rückruf.
Am Telefon verabredete man dann einen Video-Call fĂĽr den 11. Dezember, um die Umsetzbarkeit des Vorhabens bei den B.s zu besprechen. Die Konferenz mit dem Enpal-Mitarbeiter dauerte zweieinhalb Stunden. Schon eine Woche darauf, am 18. Dezember, wurde das Haus der Familie B. im Auftrag von Enpal durch einen Fachmann besichtigt und am 20. Dezember erhielten die Kunden die Zusage der Umsetzbarkeit. FĂĽr die folgende konkrete Planung verabredete man eine weitere Teams-Sitzung fĂĽr den 8. Januar.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmung wird hier ein externer Podcast (Podigee GmbH) geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Podigee GmbH) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.
Da alles zu ihrer Zufriedenheit lief, unterzeichneten die B.s im Anschluss daran den Vertrag mit Enpal über die Errichtung der Photovoltaik-Anlage mit einer Solarleistung von 10,7 Kilowatt-Peak, einer Drehstromleistung von maximal 8 Kilowatt und einem Speicher mit maximal 7 Kilowattstunden Kapazität. Der Vertrag sah vor, dass die Anlage im Eigentum von Enpal bliebe und von den Hausbesitzern lediglich für 20 Jahre gemietet würde. Die Miete sollte im ersten Jahr knapp 172 Euro monatlich betragen und danach knapp 276 Euro im Monat. Zu den vertraglichen Vereinbarungen gehörte aber auch die Möglichkeit des Kunden, die Anlage in den ersten drei Monaten nach ihrer Fertigstellung durch Enpal für knapp 30.000 Euro käuflich zu erwerben. Davon wollten die B.s sofort Gebrauch machen, sobald die PV-Anlage lief, und teilten dies den Firmenvertretern in den Gesprächen auch mit.
Am 6. Februar wurde das Material fĂĽr die Anlage angeliefert und am folgenden Tag wurde sie installiert. Am 12. Februar holte die Montagefirma noch das ĂĽbriggebliebene Verpackungsmaterial ab, am 13. Februar ging die Anlage ans Netz und produziert seither eifrig Strom.
(Bild:Â Christian B.)
Geduldsspiel
Nun wartete das Ehepaar B. auf den versprochenen Kaufvertrag, mit dem sie das Eigentum an der Anlage erwerben sollten. Am 15. Februar schrieb Christian B. eine freundliche Mail an Enpal, was er nun tun müsse, um die Anlage wie beabsichtigt schnellstmöglich zu kaufen. Darauf bekam er jedoch keine Antwort. Deshalb wollte Christian B. am 19. Februar telefonisch bei Enpal nachfragen, wo der versprochene Vertrag bleibe. Doch das gestaltete sich zäh. Erst konnte der Anrufcomputer seine Rufnummer nicht zuordnen und unterbrach die Verbindung. Als er endlich einen Mitarbeiter erreichte, wollt der ihn an die zuständige Vertragsabteilung durchstellen, was ihm aber nicht gelang. Am Ende hieß es nur, er möge doch den Chatbot im Web nutzen.
Immerhin erhielt Christian B. dann noch eine Bestätigung per E-Mail, dass das Kaufangebot und der zugehörige Vertrag in Bearbeitung sei. Am nächsten Tag erhielt Christian B. dann tatsächlich den Vertrag und unterzeichnete ihn. Am 22. Februar kam der vollständig unterzeichnete Vertrag an ihn zurück, verbunden mit der Aufforderung, den vereinbarten Kaufpreis von 29.930 Euro auf das angegebene Bankkonto zu überweisen. Das erledigten die B.s noch am selben Tag.
Nun wartete Christian B. auf eine Bestätigung, dass Enpal das Geld erhalten hatte und die Anlage in sein Eigentum übergegangen war. Doch es passierte nichts. Knapp zwei Wochen später erhielt er eine E-Mail von der für Anmeldung beim Netzbetreiber zuständige Abteilung von Enpal. Man habe seine Anlage vor einiger Zeit vorangemeldet. Falls er vom Netzbetreiber Unterlagen erhalten habe, so solle er diese ausgefüllt an Enpal schicken.
Am 7. März schrieb ihm Enpal, dass man die Einspeisezusage direkt vom Netzbetreiber erhalten habe und er nichts weiter tun müsse. Seine Frage nach der Quittung für den Kauf der Anlage werde bearbeitet, hieß es in einer weiteren E-Mail vom selben Tage. Mehrere Wochen wartete Christian B. nun schon auf die fällige Zahlungsbestätigung. Doch von Enpal hörte er erst einmal nichts. Dafür kam am 22. März ein Schreiben seines Netzbetreibers an. Seine Anlage speise seit dem 13. Februar bereits ins Netz ein. Die notwendigen Angaben dazu hätte er dem Netzbetreiber aber schon zwei Monate vor Inbetriebnahme übermitteln müssen. Deshalb sei nach dem Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) eine Strafzahlung in Höhe von 10 Euro je installiertem Kilowatt, also insgesamt 80 Euro fällig.
Postwendend wandte sich Christian B. damit per E-Mail an Enpal und fragte, was er nun tun solle? Man habe ihm ja bereits am 7. März mitgeteilt, dass Enpal alles selbst erledige und er mit seinem Netzbetreiber nichts weiter tun müsse. Und bis zu diesem Tag habe er noch nicht einmal die Zahlungsbestätigung über die knapp 30.000 Euro erhalten, um die er schon vor einigen Wochen gebeten hatte.
Standard-Tickets
Doch außer einer Standardbestätigung – diesmal mit neuer Ticket-Nummer – kam erst einmal nichts. Am 26. März fragte Enpal nach dem Schreiben des Netzbetreibers. Das hatte Christian B. seiner Anfrage vom 22. März aber bereits beigefügt, schickte es aber geduldig noch ein zweites Mal. Am 27. März bedankte Enpal sich für das Schreiben und versicherte, dass sein Anliegen nun bearbeitet werde.
Erst eine gute Woche später, am 4. April, antwortete Enpal, man habe sein Anliegen nun bearbeitet. Damit er die Einspeisevergütung erhalte, müsse er auf dem ihm zugesandten Schreiben lediglich ein Kreuz bei der "Kleinunternehmerregelung" setzen sowie seine Bank- und Steuerdaten eintragen. Dann solle er das Dokument unterschrieben an den Netzbetreiber schicken. Das könne zwar auch Enpal für ihn erledigen, würde aber "einige Wochen" in Anspruch nehmen. Er möge Verständnis für die Wartezeiten "aufgrund des aktuell sehr hohen Anfragevolumens" haben. Sein Fall werde nun geschlossen. Zum Zahlungseingang und der Strafzahlung verlor der Service kein Wort.
Immer wieder bekommen wir E-Mails, in denen sich Leser über schlechten Service, ungerechte Garantiebedingungen und überzogene Reparaturpreise beklagen. Ein gewisser Teil dieser Beschwerden ist offenbar unberechtigt, weil die Kunden etwas überzogene Vorstellungen haben. Vieles entpuppt sich bei genauerer Analyse auch als alltägliches Verhalten von allzu scharf kalkulierenden Firmen in der IT-Branche.
Manchmal erreichen uns aber auch Schilderungen von geradezu haarsträubenden Fällen, die deutlich machen, wie einige Firmen mit ihren Kunden umspringen. In unserer Rubrik „Vorsicht, Kunde!“ berichten wir über solche Entgleisungen, Ungerechtigkeiten und dubiose Geschäftspraktiken. Damit erfahren Sie als Kunde schon vor dem Kauf, was Sie bei dem jeweiligen Unter nehmen erwarten oder manchmal sogar befürchten müssen. Und womöglich veranlassen unsere Berichte ja auch den einen oder anderen Anbieter, sich zukünftig etwas kundenfreundlicher und kulanter zu verhalten.
Falls Sie uns eine solche böse Erfahrung mitteilen wollen, senden Sie bitte eine chronologisch sortierte knappe Beschreibung Ihrer Erfahrungen an: vorsichtkunde@ct.de.
Nun war Christian B. mit seiner Geduld am Ende und er wandte sich mit seiner Geschichte an c’t. In seiner Mail schilderte er uns den zunächst so reibungslosen Ablauf von der ersten Anfrage bis zur Installation. Um so enttäuschter war er, dass der Service hernach immer träger und zäher wurde. Auch sorgte er sich noch immer um die Bestätigung für seine Überweisung und seines nunmehrigen Eigentums an der Anlage. Außerdem wollte er die Sache mit der Strafzahlung erklärt haben, da er sich eigentlich auf Enpal verlassen habe.
Wir fragten am 9. April bei Enpal an und wollten wissen, warum Christian B. noch immer keine Bestätigung über den vollzogenen Kauf erhalten habe. Außerdem fragten wir, was es mit der Strafzahlung auf sich habe und warum die Anlage denn nicht rechtzeitig angemeldet worden war.
Ende gut
Der Enpal-Pressesprecher reagierte immerhin sofort. Auch bei Christian B. rief der Pressesprecher noch am selben Tag an und versicherte ihm, alles in Ordnung bringen zu wollen. Wie vereinbart erhielt Christian B. noch eine Bestätigung per E-Mail. Bei uns traf wenige Zeit später ebenfalls eine ausführliche Mail ein: Die Anlage von Christian B. sei beim Netzbetreiber bereits am 11. März 2024 als fertiggestellt gemeldet worden, schrieb uns der Sprecher. Die Strafzahlung habe ihren Ursprung in einer alten Regelung im EEG, die im Widerspruch zur EU-Notfallverordnung stehe.
Enpal übernehme diese gern und kläre das mit dem Netzbetreiber. Und mit einer weiteren Mail bestätigte der Sprecher, dass die Zahlung am 22. Februar bei Enpal eingegangen sei. Immerhin konnte also der Pressesprecher des Unternehmens innerhalb weniger Stunden klären, was den zuständigen Bearbeitern innerhalb vieler Wochen nicht möglich war.
Die Sache mit der Strafzahlung erschien uns dennoch nicht ganz geheuer. Denn tatsächlich sieht die in Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine erlassene EU-Verordnung Nummer 2022/2577 zur Festlegung eines Rahmens für einen beschleunigten Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien vom 22. Dezember 2022 vor, dass eine PV-Anlage als genehmigt gilt, wenn der Netzbetreiber auf die Anmeldung nach einem Monat noch nicht reagiert hat. Hier war die Anlage aber erst einen Monat nach der Inbetriebnahme gemeldet worden. Mit E-Mail vom 16. April erklärte der Enpal-Pressesprecher, dass sich die Strafzahlung gar nicht auf die Inbetriebnahme nach 30 Tagen bezogen habe, sondern auf die Frist zur Angabe der Veräußerungsform von mindestens zwei Monaten vor der Inbetriebnahme.
Das sei die Frist, innerhalb der man dem Netzbetreiber mitteilen müsse, ob man die gesetzliche Einspeisevergütung beziehen wolle oder die Direktvermarktung wählt. Da Enpal Anlagen bereits innerhalb von vier Wochen nach Vertragsunterzeichnung installiere, falle diese Mitteilung häufig verspätet an. Man übernehme dann standardmäßig die Strafzahlung und nehme diese in Kauf, damit die Anlagen schneller ans Netz gehen können und die Kunden nicht wochenlang warten müssen, obwohl die Anlage schon lange auf dem Dach ist.
Die meisten Netzbetreiber hätten auf diese Zahlungen ohnehin keine Lust, denn auch für sie bedeute das nur Bürokratie. Der deutsche Staat habe hier einfach nur zu viele bürokratische Regeln geschaffen, und alle – Kunden, Netzbetreiber, Solaranbieter – litten nun darunter, meinte der Sprecher von Enpal.
(tig)